Statistiken des Jobportals Indeed Zurück auf Vorkrisenniveau

Düsseldorf · Der Deutschlandchef der Jobsuchmaschine Indeed, Frank Hensgens, spricht über die Folgen der Pandemie für den Arbeitsmarkt. Die Stellensuche der Zukunft werde digitaler ablaufen, sagt er. Und Arbeitgeber müssten mehr bieten.

 Speziell in der Gastronomie, wie hier in Mecklenburg-Vorpommern, steigt die Nachfrage nach Arbeitskräften.

Speziell in der Gastronomie, wie hier in Mecklenburg-Vorpommern, steigt die Nachfrage nach Arbeitskräften.

Foto: dpa/Bernd Wüstneck

Als sich Bundeskanzlerin Angela Merkel am 18. März 2020 in Berlin in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung richtete und vor dem Coronavirus warnte, sah Frank Hensgens Hunderte Kilometer entfernt in Düsseldorf sofort, dass die Botschaft angekommen war. „Da sind überall weniger Stellenanzeigen geschaltet worden“, sagt der Deutschlandchef der Job-Suchmaschine Indeed. Bis Ostern brach der Stellenmarkt immer weiter ein, die Unsicherheit in der Wirtschaft war angesichts von Pandemie und Lockdown groß. Und auch viele Beschäftigte suchten in der Zeit weniger intensiv nach einem neuen Job.

Mehr als ein Jahr danach ist der Kampf gegen das Coronavirus noch nicht vorbei, die Botschaft von Angela Merkel gilt angesichts immer neuer Virusvarianten weiterhin: „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst.“ Doch gleichzeitig geht das Leben weiter, auch das Berufsleben. „Wir liegen jetzt in vielen Bereichen über den Werten vor der Pandemie. Es gibt einen richtigen Boom“, sagt Indeed-Chef Hensgens. Speziell in den von der Pandemie besonders betroffenen Bereichen sind laut Zahlen von Indeed aktuell besonders viele Stellen ausgeschrieben: Gastronomie, Hotel & Tourismus, Sport.

Das deckt sich mit Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Allein in Nordrhein-Westfalen stieg die Zahl der gemeldeten offenen Stellen zwischen Anfang Mai und Anfang Juni um fast 52 Prozent auf rund 4000. Die Arbeitslosigkeit liegt zwar immer noch höher als vor der Pandemie, doch auch hier geht der Trend in die richtige Richtung. 

Das zeigen auch die Zahlen von Indeed. Auch hier gab es bis Mitte Juni immer noch etwas weniger Stellen als zum 1. Februar 2020. Allerdings: In anderen Branchen wie der Lagerhaltung (plus 30 Prozent), dem Finanzbereich (plus 22 Prozent) oder im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen (plus 21 Prozent) lagen die Zahlen sogar deutlich über dem Vorkrisenniveau.

Speziell die große Nachfrage nach Lagerkräften hängt mit dem im Lockdown rasant gewachsenen Volumen des Online-Handels zusammen. Vielen Unternehmen fällt es selbst bei einfachen Tätigkeiten immer schwerer, geeignetes Personal zu finden. Der Online-Händler Amazon hat daher zuletzt schon die Löhne erhöht. Jeder Mitarbeiter verdient dort künftig mindestens zwölf Euro die Stunde – und damit deutlich mehr als den gesetzlichen Mindestlohn von 9,60 Euro. „Wir sehen nicht nur einen Fachkräftemangel“, sagt der Indeed-Geschäftsführer, „wir sehen einen generellen Arbeitskräftemangel. Wir haben ein enormes demografisches Problem, und die Migration hat leicht abgenommen.“ Als Arbeitgeber müsse man daher deutlich mehr tun.

Das gilt auch bei Bürotätigkeiten. Hensgens ist überzeugt, dass einige Arbeitsweisen aus Pandemiezeiten Standard werden. „Das erste Bewerbungsgespräch wird künftig standardmäßig per Video geführt“, sagt Hensgens: „Als ich zu Indeed gekommen bin, bin ich noch für ein vierstündiges Gespräch mit dem Gründer nach New York geflogen. So etwas wird sich ändern.“

Für Unternehmen bietet die Digitalisierung aus seiner Sicht Chancen: „Die meisten Mitarbeiter werden in Zukunft mehr im Homeoffice sein als im Büro.“ Unternehmen könnten dadurch ihren Kandidatenpool vergrößern, denn wer nicht mehr täglich ins Büro muss, bewirbt sich vielleicht auch auf einen weiter entfernt liegenden Job.

Vielleicht ändert sich auch etwas anderes, wenn niemand mehr montags in Büro muss. Denn das war bislang bei Jobportalen der Tag, an dem sich die meisten Menschen nach Alternativen umgeschaut haben.

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