Wolfsburg Jetzt auch noch Airbags

Wolfsburg · Als wäre der Abgasskandal nicht genug: Wegen möglicher gefährlicher Defekte an Airbags muss Volkswagen Hunderttausende Fahrzeuge zurückrufen - genau wie Daimler, BMW, Audi und General Motors. Schuld ist ein Zulieferer.

Wolfsburg: Jetzt auch noch Airbags
Foto: thinkstock

In einer immer stärker globalisierten Welt haben die Autos zwar unterschiedliche Hüllen, aber häufig einen ähnlichen Kern. Wenn es gut läuft, senkt das die Kosten und erhöht gleichzeitig die Qualität, weil sich Zulieferer auf Teile spezialisieren können. Wenn es schlecht läuft, kann ein Fehler sich wie ein Virus in einer ganzen Industrie ausbreiten. Beim japanischen Hersteller Takata ist es sehr schlecht gelaufen. Doch der Reihe nach: 19. Mai 2015 Fehlerhafte Takata-Airbags lösen in den USA den Rückruf von 33,8 Millionen Fahrzeugen verschiedener Hersteller aus. 25. November 2015 Toyota ruft erneut 1,6 Millionen Autos wegen der Airbags zurück. Diesmal in Japan. 23. Januar 2016 Die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA schickt laut Medienberichten weitere fünf Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten. 10. Februar 2016 Die deutschen Autobauer Volkswagen, BMW und Audi müssen wegen neuer Probleme mit Takata-Airbags Hunderttausende Fahrzeuge in den USA zu einer Nachrüstung bestellen: Bei Volkswagen sind laut Konzernangaben 680.000 Fahrzeuge betroffen, bei Audi 170.000 und bei BMW sogar 840.000. Einen Tag zuvor hatte bereits Daimler angekündigt, insgesamt 841.000 Fahrzeuge nachbessern zu müssen.

Immer wieder geht es um die gleichen Probleme: Airbags, die durch einen Fehler unvermittelt auslösen und dabei Teile der Verkleidung durchs Fahrzeug schleudern. Weltweit werden die Airbags für mehrere Todesfälle verantwortlich gemacht. Es ist, selbst wenn ein VW-Sprecher gestern betonte, der Rückruf geschehe vorsorglich, eine Katastrophe für die Branche. Betroffen sind nicht nur deutsche Hersteller, sondern auch Japaner wie Toyota, Honda und Mazda oder US-Produzenten wie Ford. Die Konkurrenten auf dem Weltmarkt - im Ärger vereint.

Denn die Rückrufe kosten die Branche Millionen. Allein Daimler rechnet mit Kosten von rund 340 Millionen Euro. Die Belastung wirkt sich auch auf das Geschäftsergebnis der Stuttgarter aus: Ursprünglich hatte Daimler einen Überschuss von 8,9 Milliarden Euro für 2015 ausgewiesen, nun verringert sich diese Summe auf 8,7 Milliarden Euro. VW und Audi wollten keine Angaben zu den Kosten machen, das wolle man mit Takata regeln. Zulieferer bilden in der Regel zwar schon vorsorglich Rückstellungen für Rückrufe, bei denen sie wegen Mängeln in die Haftung kommen können - doch ob Takata für einen Rückruf in einem solchen Umfang abgesichert ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Die Aktie des japanischen Konzerns ist seit Bekanntwerden der Rückrufe extrem abgestürzt. Denn neben den Kosten, die sich die Autobauer erstatten lassen wollen, gibt es auch Strafen von den US-Behörden. Zuletzt hatte bereits die Verkehrsaufsicht NHTSA angekündigt, gegen das Unternehmen ein Bußgeld von bis zu 200 Millionen Dollar (183 Mio Euro) verhängt zu haben. Dies war die höchste Strafe in der Geschichte der Behörde. "Über Jahre hat Takata mangelhafte Produkte gebaut und verkauft, sich geweigert, diese Defekte anzuerkennen, und es verfehlt, die NHTSA, Kunden und die Öffentlichkeit voll zu informieren", hatte damals US-Verkehrsminister Anthony Foxx erklärt. Bei sowas verstehen die US-Behörden keinen Spaß. Das erlebt auch der Auto-Bauer VW aktuell im Abgasskandal, wo ihn der Zorn der Umweltbehörden trifft.

Ob Takata sich jemals von dem Fehler erholt, bleibt abzuwarten. Mehrere Hersteller erklärten bereits, nicht mehr mit dem Unternehmen zusammenarbeiten zu wollen. Solidarität der Japaner hat der Konzern nicht zu erwarten: Honda, Mazda und Toyota haben die Geschäftsbeziehungen beendet.

(frin)
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