Brüssel Dijsselbloem: "Juncker ist ein Trinker"

Brüssel · Der Beschuldigte will Chef der EU-Kommission werden. Doch er hat Gegner.

Jean-Claude Juncker teilt gerne aus, das beschert ihm unter seinen Kollegen viele Feinde. Kein Wunder, dass sie jetzt aus dem Busch kommen, wo der frühere Luxemburger Ministerpräsident sich als Nachfolger für den scheidenden EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso in Stellung bringt. Juncker sei "ein starker Raucher und Trinker", plauderte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem jetzt in einer Fernseh-Talkshow aus. Eigentlich herrsche bei Sitzungen der Euro-Finanzminister zwar ein Verbot: "Nur hat der ehemalige Vorsitzende sich nicht daran gehalten."

Auf die Frage, ob er schon mal jemand in der Eurogruppe betrunken erlebt habe, sagte der niederländische Finanzminister: Er habe "nicht bemerkt, dass jemand in seinen Funktionen behindert war". Ein klares Nein klingt anders. Dijsselbloem übernahm von Juncker vor einem Jahr den Vorsitz der Eurogruppe. Dass ihm Juncker dann trotzdem bei der Zypern-Rettung ins Handwerk pfuschte, hat Dijsselbloem ihm nicht vergessen.

Juncker musste wegen einer Affäre um den Luxemburger Geheimdienst bei den Wahlen im Herbst 2013 Verluste einstecken. Der Aufsteiger Xavier Bettel drängte ihn aus dem Amt als Regierungschef. Nicht mehr ausgelastet, warf Juncker nun in mehreren Interviews seinen Hut für die Spitzenkandidatur der Europäischen Konservativen (EVP) in den Ring. "Ich wäre grundsätzlich bereit, wenn ein Programm und andere Dinge stimmen", bekräftigte Juncker gestern.

Erstmals wollen alle Parteien bei den Europawahlen Ende Mai mit einem europäischen Spitzenkandidaten an den Start gehen. Die stärkste Kraft soll dann den neuen Präsidenten der EU-Kommission stellen. Bei den Sozialisten ist der jetzige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) gesetzt. Die Konservativen wollen Anfang März entscheiden. Angela Merkel geht die "Besserwisserei" des Luxemburgers dem Vernehmen nach aber auf die Nerven. Zudem hätte sie wohl lieber einen Kandidaten, der sich besser steuern lässt als Juncker — etwa den polnischen Regierungschef Donald Tusk oder den irischen Ministerpräsident Enda Kenny.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort