Düsseldorf Jeder Dritte hat Angst vor Inflation

Düsseldorf · Schuldenkrise und Energiewende lösen die Sorge aus. Aber ist die Furcht überhaupt berechtigt?

Wer auf die Inflationsraten der jüngeren Vergangenheit schaut, sieht keinen Beweis dafür, dass sich die Preisspirale immer schneller nach oben dreht. Und doch wird er das Gefühl nicht los, dass alles immer kostspieliger wird – vor allem die Energie, deren Verteuerung Autofahrer an der Zapfsäule, Hauseigentümer beim Befüllen des Heizöl-Tanks und Stromkunden beim Blick auf die Rechnung spüren.

Die Deutschen haben Angst vor der Inflation. Eine Umfrage der Doeblin Gesellschaft für Wirtschaftsforschung hat ergeben, dass fast jeder Dritte in Deutschland in den kommenden zwölf Monaten einen starken Anstieg der Preise erwartet. Weitere 60 Prozent rechneten mit "etwas" steigenden Preisen. An Preisstabilität glaubt kaum noch jeder Zehnte hierzulande.

Die europäische Schuldenkrise und die Kosten der Energiewende sind wesentliche Gründe für die Sorgen der Deutschen. "Offenkundig betrachten vor allem Ältere und Geringverdiener die Diskussionen über die Euro-Krise und die angekündigte Verteuerung der Energiepreise als Menetekel für eine kräftig anziehende Inflation im nächsten Jahr", sagt Jürgen Doeblin, Chef des gleichnamigen Forschungsinstituts.

Wie kräftig, bleibt offen. Aber es gibt Felder, auf denen die Inflation längst tobt. Bei den Immobilienpreisen in den Ballungsgebieten, in denen sich nur die Topverdiener noch eigenen Wohnraum leisten können, oder beim Gold, dessen Wert inmitten der Euro-Krise auf teils astronomische Höhen geklettert ist und beim Bauland, wo manche angesichts von 300 Euro Kaufpreis pro Quadratmeter und mehr längst den Traum vom Eigenheim begraben haben. Aber diese Preissteigerung hat andere Folgen als jene bei der Energie: Wenn Strom und Heizung teurer werden, trifft es alle. Steigende Immobilien- und Goldpreise dagegen machen die Eigentümer dieser Vermögenswerte reicher.

Die Furcht ist also nur teilweise berechtigt. An einen dauerhaften Anstieg der Inflation in Größenordnungen wie während der ersten Ölkrise in den 70er oder zu Beginn der 80er Jahre glaubt kaum jemand. "Unsere Prognose für das kommende Jahr liegt für 2013 bei einer Inflationsrate von 2,1 Prozent, im Jahr danach möglicherweise leicht darüber", sagt Stefan Schilbe, Chefvolkswirt beim Bankhaus HSBC Trinkaus. Am Ende ist es auch die Euro- und Schuldenkrise selbst, die den Preisauftrieb dämpft. Denn wenn beispielsweise deutsche Exporte nach Spanien wegen der dortigen hohen Arbeitslosigkeit schrumpfen, können sich die deutschen Unternehmen keine Preissteigerungen bei ihren Ausfuhren in die Krisenländer leisten.

Wer sich gegen mögliche Inflation schützen will, der ist nach Expertenmeinung mit Aktien gut beraten. "Die Produktion von Gütern wird nicht abgeschafft", sagen Experten und wollen damit zum Ausdruck bringen, dass Unternehmen zwar auch an Wert verlieren können, aber kaum so anhaltend wie zeitweise die Staatsanleihen der Krisenländer. Immobilien – vor allem selbst genutzte – gelten als dauerhafter Schutz. Wer Haus oder Wohnung als Kapitalanlage sieht, sollte beim Erwerb unbedingt auf die Lage der Immobilie achten, weil vor allem in den Ballungsgebieten Wertsteigerungen zu erwarten sind.

Zur Vorsicht raten manche Fachleute beim Gold. Die Entwicklung des Edelmetall-Kurses könnte nämlich ganz entscheidend am Verlauf der Euro- und Schuldenkrise hängen. Wenn sich diese in absehbarer Zeit entspannen sollte, könnte der Goldpreis nämlich wieder deutlich sinken. Dieses Risikos sollte man sich zumindest bewusst sein, wenn man bei einem Preis von rund 1700 Dollar je Feinunze (etwa 31 Gramm) noch einsteigen wolle, heißt es.

(RP)
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