NRW-Manager in Davos Alarmstimmung im Alpenidyll

Davos · Die globale Wirtschaft wächst langsamer. Das macht die Elite von Managern und Politikern nervös. Postchef Appel ist trotzdem Optimist.

Vor einem Jahr hatte die globale Managerelite auf dem jährlichen Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos noch ihren Optimismus betont, doch dieses Jahr überwiegen die vorsichtigen Stimmen. Fast schon symbolisch rutschten am Dienstag die Kurse an den wichtigsten Börsen erneut ab – eine neue Prognose des Internationalen Weltwährungsfonds hatte die Anleger nervös gemacht. Statt einem erhofften Plus von 3,7 Prozent werde die globale Ökonomie dieses Jahr nur um 3,5 Prozent wachsen. Das Chaos rund um den Brexit und der Handelstreit zwischen den USA und China machen Unternehmen und Konsumenten zu schaffen. Gerade bei Führungskräften nimmt der Pessimismus zu: Ein Drittel von weltweit 1300 befragten Spitzenmanagern fürchtet für 2019 einen wirtschaftlichen Abschwung. Das ergibt eine zum Treffen in Davos veröffentlichte Studie der Beratungsfirma PWC. Vor einem Jahr hatten dies nur fünf Prozent für möglich gehalten. Während Manager deutscher Unternehmen vor einem Jahr zu 61 Prozent von einer künftig guten Konjunktur ausgingen, sind es dieses Jahr nur 38 Prozent. Ein Drittel fürchtet den Abschwung.

In Davos fällt auf, dass 2019 eine Reihe von Prominenten abgesagthat. Wie jedes Jahr wird Bundeskanzlerin Angela Merkel sprechen, auch ihre Nachfolgerin an de CDU-Spitze, Annegret Kramp-Karrenbauer steht prominent auf der Rednerliste. Doch es fehlen US-Präsident Donald Trump, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, die britische Premierministerin Theresa May und Chinas Präsident Xi Jinping sowie der russische Präsident Wladimir Putin. Der Wille zum Dialog hält sich offensichtlich in Grenzen.

Andererseits ist eine Reihe der führenden Köpfe der NRW-Wirtschaft unter den rund 3000 Delegierten. Henkel-Chef Hans Van Bylen reist wie 2018 mit Finanzvorstand Carsten Knobel und Personalvorstand Kathrin Menges an, auch Digitalchef Rahmyn Kress ist zeitweise da. Er gehört zu den Gründern einer Initiative, die Frauen in Computerjobs stärlker fördern will.

Bayer-Primus Werner Baumann nimmt Liam Condon, den Leiter der Sparte Cropscience, mit. Von der globalen Beratungsfirma Boston Consulting kommt Rainer Strack, Managing Director des Düsseldorfer Büros. Ebenfalls traditionell macht Stephan Gemkow mit, scheidender Chef von Haniel. „Er schätzt die vielen Einzelgespräche mit anderen Top-Managern zum Start des Jahres“, sagt ein Vertrauter, „gerade die digitale Transformation ist in Davos ja ein riesiges Thema.“

Das sehen auch Matthias Zachert, der Chef von Lanxess, sowie Frank Appel, Vorstandsvorsitzender der Post, so. „Globalisierung, Digitalisierung und die komplizierte weltpolitische Lage stellen auch die Chemie und die Unternehmen in NRW vor größere Fragen denn je“, sagt Zachert. Er will in Davos all diese Themen mit Wirtschaftsleuten, Forschern und Politikern diskutieren: „Das hilft uns sehr bei unseren Unternehmensentscheidungen.“

Post-Chef Appel erklärt gegenüber unserer Redaktion, dass er die Sorge vor einem Absturz der Wirtschaft für übertrieben hält: „Wir sollten die Situation nicht vorschnell dramatisieren. Ich bin optimistisch im Hinblick auf die Zukunft der Globalisierung und sicher, dass die gegenwärtige Phase von Nationalismus und Protektionismus wieder verschwinden wird.“ Voraussetzung sei allerdings, dass Politik und Wirtschaft die Nerven behieten: „Wir neigen dazu, unsere Sichtweise auf den sich abzeichnenden Handelskonflikt zwischen den USA und China zu konzentrieren, während wir vergessen, dass die Mehrheit der Länder immer noch sehr engagiert für die Ausweitung des Welthandels und die Förderung des Multilateralismus ist.“

Appel wirbt auch dafür, dass die Unternehmen deutlicher sagen, dass die Globalisierung eher den Menschen nütze. Er lobt immer wieder die zurückgehende Armut in vielen früheren Entwicklungsländern, insbesondere in China: „Wir als Deutsche Post DHL Group sprechen uns deutlich für integrative Globalisierung und internationalen Handel aus. Ich erhoffe mir, dass wir diesen Diskurs in Davos vorantreiben werden.“

Dieser Haltung schließt sich Davos-Veteran und Adidas-Chef Kasper Rorsted an, als früherer Henkel-Spitzenmanager NRW eng verbunden: „Globalisierung ist wichtig, damit wir gemeinsam Herausforderungen bewältigen und Innovationen vorantreiben können, in Europa und international. Dafür bedarf es Gesprächen und einer offenen Zusammenarbeit. Das Weltwirtschaftsforum bietet eine Grundlage dafür“, erklärt Rorsted.

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