Düsseldorf Im Möbelhandel wächst der Druck

Düsseldorf · Ikea, Höffner, Schaffrath - die Verkaufsflächen in Deutschland wachsen immer weiter, aber der Umsatz kommt dabei nicht mit. Branchenkenner beklagen, dass der Wettbewerb immer noch zu sehr über den Preis geführt werde.

Wer im Tagesverlauf in seine Post schaut, der kommt um die Werbung der großen Möbelhändler nicht herum. Ikea, Höffner, Roller, Schaffrath sind scheinbar permanent im Briefkasten vorhanden. Und die Deutschen folgen den Einladungen gern. Im vergangenen Jahr haben sie für Möbel, Lampen und Teppiche mehr als 33 Milliarden Euro ausgegeben. In den vergangenen acht Jahren ist der Umsatz in der Branche in Deutschland stetig gewachsen.

Aber das ist nur der eine Teil der Wahrheit. Der andere heißt: "Der Umsatz pro Quadratmeter sinkt", räumt Thomas Grothkopp ein. Nach Angaben des Geschäftsführers des Bundesverbandes des Deutschen Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandels (BVDM) wachsen die Verkaufsflächen in Deutschland schneller als die Erlöse. Rund 20 Millionen Quadratmeter sind nach Angaben aus der Branche hierzulande mit zu verkaufenden Möbeln gefüllt. "Der Möbelhandel baut immer größere Paläste", sagte Ursula Geismann, Sprecherin der Verbände der deutschen Holz-, Möbel- und Fertigbauindustrie, unserer Redaktion.

Ein Phänomen, das die Möbelhandelsbranche bundesweit erlebt. Auch in der Region gibt es genug Beispiele für das Wachstumsstreben großer Anbieter: Ikeas Neueröffnung in Kaarst gestern, der Höffner-Start in Neuss kurz nach Weihnachten 2014, der mit der Vokabel "Möbelkrieg" versehene Zweikampf zwischen Höffner und Schaffrath in Düsseldorf. "In Köln ist das nicht anders", sagt Handels-Geschäftsführer Grothkopp. Dort sei durch die Segmüller-Gruppe der "Druck in einem stark besetzten Markt" noch weiter gewachsen.

Offiziell gibt es noch etwa 9000 Möbelhändler in Deutschland. "Aber die Zahl ist zu hoch gegriffen, weil manche das Geschäft einstellen, aber das Gewerbe angemeldet lassen", so Grothkopp. Wenn jemand aufgibt, dann ist das in der Regel ein Mittelständler. Folge: Die Großen werden immer größer. Und sie überbieten sich gegenseitig mit gewaltigen Rabattaktionen. "Im Möbelhandel wird der Wettbewerb immer noch vorwiegend über den Preis ausgetragen", sagt die Sprecherin der Möbelindustrie. Einkaufsverbände übten dabei eine entsprechende Marktmacht aus. Was dem deutschen Handel fehle, sei eine entsprechende Ausrichtung auf einzelne Zielgruppen: Frauen, Best Ager, solche Kunden, die den Möbelkauf als Einkaufserlebnis wahrnehmen wollten, so Geismann. Auf der anderen Seite dürfen Möbelhändler auch nicht zu viel Zusatzgeschäft versprechen, wenn sie eine Genehmigung für die grüne Wiese bekommen. Dann dürfen nämlich maximal 20 Prozent der Fläche mit sogenannten "innenstadtrelevanten" Artikeln bestückt werden. Der leicht einsehbare Hintergrund dieser Regel: Die schon ohnehin darbenden deutschen Innenstädte sollen nicht noch weiter ausbluten.

In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres sind die Umsätze im Möbelhandel um ein halbes Prozent gesunken. Ein Monat Plus ist zu wenig, wenn es in den anderen fünf nicht so recht läuft. Für die kommenden Jahre sagt Grothkopp im deutschen Möbelhandel einen konstanten Umsatz voraus, aber das ist bei wachsenden Verkaufsflächen natürlich zu wenig. Was der Branche ebenfalls Sorgen macht, ist die sinkende Zahl der Baugenehmigungen. Das heißt dann beispielsweise, dass seltener neue Küchen nach einem Umzug gekauft werden.

Im Gegensatz zu anderen Sparten ist das Onlinegeschäft im Möbelhandel noch kein großes Thema. Mit sieben Prozent lag der Anteil im vergangenen Jahr auf dem Niveau von 2004. Gleichzeitig hat er sich seit 2008 nach jahrelangem Rückgang durch stetiges Wachstum verdoppelt. Etwa 15 bis 20 Prozent Umsatzanteil hält Grothkopp langfristig für denkbar. Teure Möbel sind eben vielleicht doch nicht was fürs Internet: "Eine Küche für beispielsweise 10.000 Euro kauft man eben nicht online. Die will man vorher gesehen und gefühlt haben. Das ist anders als bei zehn Paar Socken, von denen ich dann neun zurückschicken kann."

Es sei denn, es betreibt jemand Beratungsklau, lässt sich also im Präsenzhandel ausführlich beraten, um dann doch im Netz zu kaufen. Aber auch das, so glauben Experten, sei dann eher bei kleineren Möbelstücken der Fall als bei ganzen Küchenblöcken.

(RP)
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