Hamburg HSH Nordbank - Freispruch für "Dr. No"

Hamburg · Der frühere Vorstandsvorsitzende Dirk Jens Nonnenmacher und weitere Ex-Spitzenmanager dürfen aufatmen. Das Landgericht Hamburg hat sie vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Die Anklage war offenbar zu dünn.

Man kann Dirk Jens Nonnenmacher vieles attestieren - dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank ein Sympathieträger in der deutschen Bankbranche ist, sicher nicht. Und so hätte sich mancher ungeachtet der juristischen Tatsachen bestimmt über eine Haftstrafe im Untreue-Prozess gegen Nonnenmacher und weitere frühere Manager der HSH gefreut. Doch dazu kam es nicht: Das Landgericht Hamburg hat die Angeklagten gestern freigesprochen. Tenor des Urteils: Die Angeklagten hätten sich zwar vor Abschluss des "Omega 55"-Geschäftes (die Grundlage der Anklage) nicht ausreichend über mögliche Folgen des Deals informiert. Aber für eine gravierende Pflichtverletzung, die eine Verurteilung erst möglich gemacht hätte, reichten die Versäumnisse des damaligen Managements nach Meinung der Richter nicht aus (Aktenzeichen 608 KLs 12/11). Die Angeklagten hätten "nicht die Grauzone in Richtung Strafbarkeit überschritten", sagte der Vorsitzende Richter Marc Tully.

Hinter "Omega 55" verbirgt sich eine Finanztransaktion, bei der die HSH Nordbank einen horrenden Schaden erlitt. Das Management verkaufte damals Risikopapiere an die eigens dafür gegründete Zweckgesellschaft "Omega 55", die von der französischen Großbank BNP Paribas verwaltet wurde. Dadurch wollte die Landesbank selbst Geld in die Kasse bekommen, musste aber im Gegenzug einen Teil der Risiken aus den "Omega"-Papieren wieder selbst übernehmen. In der Finanzkrise wurden aus Risiken riesige Verluste. Die Staatsanwaltschaft bezifferte seinerzeit den durch "Omega 55" entstandenen Schaden für die HSH auf etwa 158 Millionen Euro.

Einen Teil davon will sich das Institut auch durch Schadenersatzklagen gegen drei frühere Manager zurückholen. Die zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche seien von dem gestrigen Urteil unberührt, teilte die Bank gestern mit. Sie werde die Verfahren gegen die Ex-Vorstände "mit allem Nachdruck fortführen und ihre Rechte durchsetzen". Betroffen sind dem Vernehmen nach die früheren Manager Jochen Friedrich, Peter Rieck und Hartmut Strauß. Aber trotz aller Beharrlichkeit beim Klagen ist der Freispruch im Strafprozess natürlich ein herber Rückschlag für die HSH Nordbank.

Nonnenmacher kommt dagegen womöglich schadlos aus der Affäre. Jedenfalls wenn die Staatsanwaltschaft auf eine Revision gegen das Urteil verzichtet und Nonnenmacher und Co. in einer Wiederauflage doch noch verurteilt würden, zieht der sogenannte Verjährungsverzicht, und die Landesbank im Norden würde ihren Ex-Chef doch noch belangen. Das ist aber offen, und zumindest bis dahin bleibt Nonnenmacher straffrei.

Dabei war gerade er die große Reizfigur in dem Prozess. Nonnenmacher - das ist der Mann, dem Zeitgenossen einst den Spitznamen "Dr. No" gaben - in Anlehnung an den Bösewicht aus der ersten James-Bond-Verfilmung. Und Nonnenmacher machte sich dadurch Feinde, weil er inmitten der Finanzkrise einen Bonus von etwa 2,9 Millionen Euro für sich ausgehandelt hatte - obwohl das Führungsgremium bei staatlich gestützten Banken seinerzeit nicht mehr als 500 000 Euro pro Kopf bekommen sollte. Zur Erinnerung: Die HSH Nordbank musste von ihren Eigentümern in der Finanzkrise mit mehreren Milliarden Euro Kapitalhilfen sowie weiteren Garantien vor dem Kollaps bewahrt werden.

(RP)
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