Düsseldorf HSBC und die Genfer Nummernkonten

Düsseldorf · Der Schweizer Ableger der britischen Großbank soll jahrelang Kunden bei Geldwäsche und Steuerhinterziehung geholfen haben. Manches davon ist schon abgeschlossen, aber jetzt veröffentlichte Daten sorgen erneut für Aufregung.

HSBC und Genfer Nummernkonten
Foto: dpa, Andy Rain

Die Zahl klingt gigantisch. Eine Milliarde Euro Steuern und Strafgelder sollen gezahlt worden sein, nachdem Behörden vor Jahren damit begonnen hatten, gegen die britische Großbank HSBC zu ermitteln. Es ging wie immer in solchen Fällen um den Verdacht der Geldwäsche und des Steuerbetrugs, diesmal über die Schweizer HSBC-Tochtergesellschaft. Seinerzeit waren Daten gestohlen und weiterverkauft worden, und jetzt sind diese Daten von der "Süddeutschen Zeitung", dem NDR und dem WDR ausgewertet worden.

Über die astronomischen Beträge hinaus gewinnt das Thema an Brisanz, weil hinter den Daten offenbar viele Prominente stecken. Als ehemalige oder aktuelle Inhaber von Konten bei HSBC Suisse kursieren die Namen von Formel-Eins-Rennfahrern und Tennisspielern, Schauspielern, Politikern, Adeligen, orientalischen Fürsten und Waffenhändlern, Verwandten von früheren und aktuellen Machthabern aus Afrika und Asien. Und es tauchen angeblich unter den etwa 100 000 Personen die Namen von 2000 Deutschen auf.

HSBC hat gestern erneut Fehler eingestanden. "Wir sind verantwortlich für das Kontrollversagen in der Vergangenheit", wird das Institut zitiert. Die Schweizer Tochter habe "zu viele Hochrisiko-Konten" behalten. Gleichzeitig betont das britische Institut - die zweitgrößte Bank der Welt und Hauptaktionär des Düsseldorfer Bankhauses HSBC Trinkaus & Burkhardt - , dass es sich von allen "steuerlich problematischen" Kunden getrennt habe. Sozusagen moralische Unterstützung gibt es von der Schweizer Finanzaufsicht, deren Angaben zufolge drei große Verfahren zur Geldwäsche und zur IT-Sicherheit abgeschlossen sind und die keinen Anlass für einen neuen Verdacht sieht. Belgien indes will nun internationale Haftbefehle gegen die Manager der Schweizer HSBC-Filiale erlassen, nachdem Kooperationsversuche mit den Schweizer Behörden laut Staatsanwaltschaft Brüssel gescheitert sind.

Einmalig scheinen die jetzt ausgewerteten Daten deshalb zu sein, weil es niemals zuvor so dezidierte Informationen gegeben hat. Es sind demnach nicht nur die Inhaber der Konten identifiziert worden und die Summen, die auf den entsprechenden Konten gebunkert waren, sondern im Einzelfall jede Kontenbewegung. Die Reichen hätten mitunter Wert darauf gelegt, dass es keinen Kontakt zur Bank gebe, ja sogar, dass Unterlagen von der Bank sofort vernichtet würden, hieß es.

Die Daten hatte die französische Polizei vor sechs Jahren bei einem früheren Mitarbeiter der Bank beschlagnahmt. Sie sind offenbar in mehrere Länder verkauft worden, unter anderem nach Deutschland. Da in der Bundesrepublik aber mehrere Behörden dezentral ermittelt haben, gibt es keine verlässlichen Angaben darüber, wie viel Geld sich der deutsche Fiskus von möglichen Steuerflüchtlingen bereits zurückgeholt haben könnte.

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), dessen Ministerium selbst mehrmals Steuer-CDs kaufte, erklärte gestern: "Banken, die milliardenschwerer Steuerkriminalität Vorschub leisten, sind keinen Deut besser als die Steuerbetrüger. Der Fall HSBC ist ein weiterer Beleg dafür, dass Banken gezielt Dienstleistungen für milliardenschweren Steuerbetrug angeboten haben." Die Steuerfahndung sei aufgrund der HSBC-Daten allein in Deutschland in 1136 Fällen dem Verdacht auf Steuerbetrug nachgegangen. Die Forderung des Ministers: "Banken, die das Geschäftsmodell des organisierten Steuerbetrugs nicht ein für alle Mal aufgeben, müssen mit Lizenzentzug rechnen." Der Bund deutscher Kriminalbeamter forderte ein Unternehmensstrafrecht, über das "alle übrigen europäischen Nachbarländer bereits verfügen".

(RP)
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