Düsseldorf HSBC Trinkaus will das Sahnestück der WestLB

Düsseldorf · Rund 370 Millionen Euro Gewinn vor Steuern hat bei der WestLB der Bereich "Firmenkunden & Strukturierte Finanzierung" im vergangenen Jahr abgeworfen. Damit liefert die Sparte, die unter anderem das nationale und internationale Firmenkundengeschäft, das Projektgeschäft und Kreditverbriefungen umfasst, fünf Sechstel des operativen Ergebnisses der Bank. Große Teile dieses Sahnestückchens, das bei der WestLB derzeit unter dem Vorstand Werner Taiber geführt wird und Ende 2010 ein Volumen von knapp 38 Milliarden Euro hatte, hat jetzt HSBC Trinkaus im Blick. Die Bank hat gestern Gespräche bestätigt und interessiert sich dem Vernehmen nach vor allem für die großen Firmenkunden der WestLB, während deren Mittelstandsklientel eher der geplanten Verbundbank zugeschlagen werden könnte.

Dass Trinkaus Verstärkung im Firmenkundengeschäft sucht, ist seit langem bekannt. Vor Jahren hat das Unternehmen sich schon die Mittelstandsbank IKB angeschaut. Allerdings ist das Düsseldorfer Bankhaus, das der britischen Großbank HSBC und der Landesbank Baden-Württemberg gehört, zeitlich im Rückstand gegenüber den Finanzinvestoren Lone Star und Apollo, die sich in den vergangenen Monaten die Bücher der WestLB angesehen haben. Lone Star ist gleichzeitig Eigentümer der IKB und will die Mittelstandsbank abgeben. Allerdings ist ein Käufer für das gesamte Institut derzeit ebenso wenig zu finden wie für die komplette WestLB.

Zumindest kommt wenige Tage, nachdem der Komplettverkauf der WestLB endgültig abgeblasen worden ist, neue Bewegung in den Verkaufsprozess für Einzelteile. Das ist auch mit Blick auf die Europäische Union wichtig, die bis Ende Juni ein detailliertes Konzept für die Verbundbank verlangt, die als Rest des Unternehmens übrigbleiben soll. Hier diskutieren die Beteiligten immer noch über viele Fragen – auch die NRW-Sparkassen untereinander. Dem Vernehmen nach wollen die Sparkassen in Westfalen-Lippe ebenso wie der Bundesverband DSGV, dass die Verbundbank möglichst schnell an ein anderes Institut angedockt wird (beispielsweise an die Frankfurter Landesbank Helaba), während jene im Rheinland offenbar die neue WestLB im ersten Schritt ohne fremde Hilfe auf die Füße stellen wollen – auch mit Blick darauf, dass die EU eine Bank mit einem tragfähigen Geschäftsmodell fordert. Ob dies mit dem von Brüssel geforderten mehrheitlichen Eigentümerwechsel vereinbar wäre, scheint derzeit noch offen.

Das Pikante an einer möglichen Beziehung zwischen WestLB und Trinkaus: Friedrich Merz, der mehr als ein halbes Jahr lang im Auftrag der WestLB-Eigentümer versucht hat, die Bank komplett zu verkaufen, sitzt im Aufsichtsrat von Trinkaus. Er habe aber weder einen Hinweis an Trinkaus gegeben noch sehe er sich in einem Interessenkonflikt, sagte gestern ein Sprecher des früheren Unions-Fraktionschefs unserer Zeitung.

(RP)
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