Außenhandelschef warnt vor „katastrophalen Folgen“ Brexit wird deutschen Export in 2019 3,5 Milliarden Euro kosten

Berlin · Außenhandelspräsident Holger Bingmann hat die Bundesregierung und die übrigen EU-Staaten eindringlich vor einem harten Brexit Ende Oktober gewarnt.

 Außenhandelspräsident Holger Bingmann.

Außenhandelspräsident Holger Bingmann.

Foto: Trunk

„Ein ungeregelter Austritt der Briten aus der EU ist wahrscheinlicher denn je. Ein harter Brexit aber hätte katastrophale Folgen für den deutschen Außenhandel“, sagte Bingmann unserer Redaktion. „Würde Großbritannien nach einem ungeregelten Austritt zum Drittstaat, droht Unternehmen, die regelmäßig Waren dorthin exportieren oder von der Insel einführen, immenser Mehraufwand im Bereich Zoll und bei der Bewältigung von Bürokratie in den Bereichen Logistik, Transport, Datenschutz und Steuern, die sie nur schwer oder mit hohem Kosten- und Zeitaufwand bewältigen können“, sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Dienstleistungen, Außenhandel (BGA).

Der Brexit werfe in Deutschland längst seine Schatten voraus. „Allein im ersten Halbjahr hat sich das deutsche Exportgeschäft mit Großbritannien in Höhe von über 3,5 Milliarden Euro - hochgerechnet auf das Gesamtjahr - in Luft aufgelöst“, sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). „Großbritannien ist somit inzwischen in der Rangfolge unserer Handelspartner von Platz fünf im Jahr 2016 auf aktuell Platz 13 abgerutscht und liegt hinter Polen“, sagte Bingmann. Das wahre Schadensausmaß dürfte sogar noch deutlich größer sein und erst in einigen Monaten sichtbar werden, da beispielsweise viele Unternehmen ihre Lager im Vereinigten Königreich aufgefüllt haben, um Unterbrechungen der Lieferkette vorzubeugen.

Der britische Premierminister Boris Johnson lehnt das Austrittsabkommen mit der EU bislang jedoch weiter ab. Er will vor allem eine neue Lösung beim so genannten „Backstop“ für die irisch-nordirische Grenze erreichen. Der „Backstop“ sieht vor, dass die Grenze nach dem Brexit durchlässig bleibt, bis eine endgültige Regelung gefunden wird. Allerdings soll Nordirland bis dahin Teil des EU-Binnenmarktes bleiben. Ds lehnen Johnson und die Mehrheit im britischen Parlament ab. Am Mittwoch schlug Johnson einheitliche Regelungen auf der gesamten irischen Insel für bestimmte Bereiche des Handels vor. Ein Wiederaufbau von Grenz- und Zollanlagen solle vermieden werden. Die EU will bislang aber keine Änderungen am Abkommen tolerieren. EU-Ratspräsident Antti Rinne gab Johnson eine Woche Zeit, um noch einen Weg aus dem Brexit-Streit aufzuzeigen. Die Staats- und Regierungschefs der EU würden auf ihrem Gipfel am 17. und 18. Oktober keiner Lösung zustimmen, die nicht sorgfältig vorbereitet sei. Rinne zeigte sich auch bereit, einer Verlängerung der Brexit-Verhandlungen zuzustimmen, sollte Johnson diesen Antrag stellen. Bislang hatte er einen Verlängerungsantrag stets abgelehnt.

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