Steuerzahlerbund Hier versickern unsere Steuern

Berlin · Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt möchte eine weitere Fußgängerbrücke über den Kittelbach bauen - obwohl es schon sechs gibt. Der Steuerzahlerbund prangert im neuen Schwarzbuch etliche weitere Fälle von Verschwendung durch die öffentliche Hand an.

Hier wurde in NRW Steuergeld verschwendet
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Foto: dpa, bvj soe

Wer den Düsseldorfer Kittelbach überqueren will, hat die Qual der Wahl: Sechs Möglichkeiten gibt es für Fußgänger und Radfahrer, den kleinen Wasserweg zu überwinden. Der zuständigen Bezirksvertretung ist das noch nicht genug, sie plant für 335.000 Euro eine weitere, siebte Brücke. Schon die Vorplanung hat 33.000 Euro verschlungen.

Keine der bestehenden sechs Brücken am Kittelbach sei für die Bürger unzumutbar weit entfernt, wenn sie etwa einen nahen Spielplatz auf der anderen Uferseite erreichen wollten, meint der Bund der Steuerzahler. "Selbst die wohlhabende Landeshauptstadt Düsseldorf kann es sich nicht leisten, jedem ihrer Bürger seine persönliche Brücke zu bauen", heißt es süffisant in seinem neuen "Schwarzbuch". Darin listet der Steuerzahlerbund insgesamt 146 Beispiele in ganz Deutschland für die Verschwendung von Steuergeld auf.

Die öffentliche Hand vergeude heute immer noch genauso viel Steuergeld wie in früheren Jahren, nur die Art der Verschwendung habe sich geändert, sagte Reiner Holznagel, Präsident des Steuerzahlerbundes, bei der Vorstellung des Kompendiums. Die Fälle "dummer Verschwendung" durch korrupte Politiker, die etwa auf Kosten des Steuerzahlers Privatreisen unternahmen, gebe es heute erfreulicherweise immer weniger. Dafür steige aber die Zahl der Fälle, bei denen mangelnde Kompetenz und Übersicht in der Verwaltung eine Rolle spielten. Komplexe Bau- und Investitionsprojekte erforderten heute bei den Entscheidern vor Ort noch mehr Fachwissen, Aufmerksamkeit und Kontrolle als früher.

Weil es daran hapert, kommt es wie bei den Düsseldorfer Fußgängerbrücken immer wieder zu Fehlplanungen und Kostenexplosionen. 161 Millionen Euro sollte etwa die neue Fachhochschule in Bielefeld kosten, mittlerweile sei man bereits bei 260 Millionen Euro angelangt. Damit gebe es eine weitere Bau-Pleite des landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebs, der sich bereits bei diversen Projekten verkalkuliert habe und endlich zugemacht werden müsse, forderte Holznagel.

Die ewige Baustelle des Berliner Großflughafens, die Hamburger Elbphilharmonie oder die Berliner Oper, die allesamt ein Mehrfaches der Ursprungskosten verschlingen werden, sind nur die prominentesten Beispiele für die Kostenexplosion bei öffentlichen Bauvorhaben. Auch in Wuppertal tun sich an der Baustelle Döppersberg neue Abgründe für die Steuerzahler auf. Der Umbau des Areals wird bereits 35 Millionen teurer als ursprünglich geplant, mit weiteren Kostensteigerungen wird gerechnet. Als Ursache werden Planungsmängel angeführt - und auch die Tatsache, dass die Kosten solcher Bauprojekte schon zu Beginn immer wieder zu niedrig angesetzt werden, damit die Parlamente sie durchwinken.

Mit schlimmen und teuren Fehlplanungen bei der Beschaffung von Rüstungsgütern muss sich bekanntermaßen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) befassen, doch auch im Kleinen verursacht die Bundeswehr Ärger: So kostete die erste Kindertagesstätte der Bundeswehr, die in München auf dem Gelände der Bundeswehr-Uni entstanden ist, über zwei Millionen Euro, obwohl nicht einmal der Kauf des Grundstücks notwendig war. Ein Kitaplatz für die Soldatenkinder kostet damit rund 68.000 Euro - fast doppelt so viel, wie das Bundesfamilienministerium im Normalfall kalkuliert.

Steuergeld wird auch für Kurioses ausgegeben, was jedenfalls der Steuerzahlerbund für überflüssig hält. So lasse das Bundesjustizministerium schon seit fünf Jahren für 650 000 Euro im Jahr Gesetzestexte von Sprachwissenschaftlern überarbeiten, damit sie präzise, klar und widerspruchsfrei formuliert sind. Ob sie dabei Erfolg hätten, werde aber nicht überprüft; die meisten Gesetze enthielten weiter Fachchinesisch. In Baden-Württemberg werde zudem kräftig "gegendert": Aus Autofahrerinnen und Autofahrern würden in Texten der Verwaltung "Autofahrende", Studentenwerke hießen heute "Studierendenwerke". Die Umwidmung geschieht, um die Geschlechter sprachlich gleichzustellen, allerdings kostet das sechsstellige Summen.

Zu viel Geld fließt aus Sicht des Steuerzahlerbundes vor allem in kommunale Unternehmen, die zu oft Verluste machten und künstlich am Leben gehalten würden. Das saarländische Völklingen etwa betreibe 600 Kilometer von der Küste entfernt eine Meeresfischzucht. Chronisch defizitär seien auch das staatliche Weingut in Radebeul, die Tropenhalle in Potsdam oder eine Therme in Oberhof. "Die Kommunen sollten solche abenteuerlichen Ausflüge in die Wirtschaft unterlassen", mahnte Holznagel.

(RP)
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