Düsseldorf Maastricht-Vertrag 68 Mal gebrochen

Düsseldorf · Reul fordert EU-Reformen. Das Handwerk sorgt sich um den Meisterbrief.

Der Europa-Politiker Herbert Reul warnt vor Europa-Müdigkeit. Die Europäische Union (EU) sei eine große Chance für Europa, um im Wettbewerb zu bestehen. "In der EU werden 50 Prozent der weltweiten Sozialausgaben verbraucht, obwohl 90 Prozent der Wertschöpfung künftig außerhalb Europas stattfindet", sagte Reul gestern beim Dreikönigsessen des NRW-Handwerkstages in der Düsseldorfer WGZ-Bank. Entsprechend produktiv müsse Europa sein. Dabei helfe auch der Euro.

Statt die Gemeinschaftswährung abzuschaffen, müsste ihr Regelwerk reformiert werden, betonte Reul, der Chef der Unions-Gruppe im Europäischen Parlament ist. Der Vertrag von Maastricht, der den Euro-Staaten Schuldengrenzen vorschreibt, sei bislang 68 Mal gebrochen worden — auch von Deutschland (erstmals 2002) und von Frankreich. Damit hätten sie Staaten wie Griechenland eingeladen, es ihnen gleich zu tun. "Es ist gut, dass es künftig automatische Sanktionen für Schuldensünder gibt." Auch die EU-Bankenaufsicht sei nötig, um die Geldhäuser besser zu kontrollieren. "Wir müssen alles tun, damit nicht der Steuerzahler für die Banken-Rettung aufkommen muss."

Zugleich warnte Reul die EU-Kommission vor zu viel Regulierung. "Glühbirnen, Duschköpfe — statt Betriebe und Verbraucher mit Überregulierungen zu quälen, sollte sich Europa lieber auf die großen Fragen konzentrieren", sagte der Politiker. Leider habe Industriekommissar Antonio Tajani bislang seine Idee nicht durchsetzen können, wonach bei allen Richtlinien der EU vor der Verabschiedung geprüft werden müsse, ob sie die Wettbewerbsfähigkeit Europas einschränken.

Auch das Handwerk blickt wegen neuer Regulierungspläne mit Sorge nach Brüssel, nachdem die Kommission angekündigt hat, den deutschen Meisterbrief zu überprüfen. Sie will klären, ob Deutschland durch diese Regelung den Wettbewerb einschränkt — zulasten ausländischer Handwerker. "Wir müssen uns wehren gegen Angriffe aus Brüssel", sagt Wolfgang Schulhoff, Präsident des NRW-Handwerkstags. "Warum lässt man den Mitgliedsstaaten nicht die Systeme, die sie groß und starkgemacht haben?"

(anh)
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