Hartz IV Verein gleicht Hartz-IV-Sanktionen aus

Berlin · Wuppertaler Wissenschaftler sollen untersuchen, wie die Sanktionsfreiheit auf die Hartz-IV-Bezieher persönlich wirkt. Das interessante Experiment der Hartz-IV-Kritiker beginnt heute.

 Rund eine Million Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher verhängen die Job-Center der Bundesagentur für Arbeit (BA) jährlich. Für den Verein „sanktionsfrei e.V.“ sind das eine Million zu viel.

Rund eine Million Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher verhängen die Job-Center der Bundesagentur für Arbeit (BA) jährlich. Für den Verein „sanktionsfrei e.V.“ sind das eine Million zu viel.

Foto: dpa/Oliver Berg

Werden Hartz-IV-Leistungen vom Job-Center vorübergehend gekürzt, weil der Bezieher die ihm vom Gesetzgeber vorgegebenen Regeln nicht befolgt, führe das nur zur Stigmatisierung und zur Verhärtung der Arbeitslosigkeit. Davon jedenfalls sind Aktivisten überzeugt, die am heutigen Donnerstag ein interessantes wissenschaftliches Experiment starten: Bis Jahresende können sich unter www.hartz-plus.de ab sofort Interessierte darum bewerben, Teil eines drei Jahre dauernden sozialpsychologischen Experiments zu werden. Gesucht werden insgesamt 500 Probanden, die entweder bereits Hartz-IV-Bezieher sind oder fürchten, es innerhalb der nächsten drei Jahre zu werden.

250 von ihnen erhalten vom Verein „Sanktionsfrei e.V.“ drei Jahre lang die Garantie, dass sie keine Nachteile erfahren, wenn sie vom Job-Center für Verstöße bestraft werden. Soll heißen: Ihnen werden die Kürzungen finanziell ausgeglichen, die ihnen drohen, wenn sie Job-Angebote nicht wahrnehmen oder im Job-Center nicht zu festgesetzten Terminen erscheinen. Die anderen 250 Probanden erhalten nichts, nehmen jedoch genauso teil an der wissenschaftlichen Umfrage der Universität Wuppertal.

Von Februar 2019 bis Januar 2022 wird unter Leitung des Wuppertaler Organisationspsychologen Rainer Wieland ein „Soziallabor“ eingerichtet, das vierteljährlich untersucht, wie sich die Probanden mit und ohne Sanktionen in den drei Jahren fühlen, wie sie im Leben vorankommen, wie sich ihre Arbeitsfähigkeit verändert. Finanziert wird der Ausgleich der Hartz-IV-Sanktionen aus Spenden. Allerdings will der Verein gegen die Sanktionen auch vor Gericht ziehen. Er erzielt nach eigenen Angaben bei Widersprüchen eine Erfolgsquote von 90 Prozent. Bei einem gewonnenen Prozess soll der Proband die ihm zustehenden Hartz-IV-Leistungen an den Verein zurückzahlen.

Die Studie sei unabhängig und ergebnisoffen, betonen die Initiatoren. Der Verein beruft sich bei der Umgehung der Hartz-IV-Sanktionen auf eine gesetzliche Regelung zu Gunsten der Tafeln, die Bedürftige mit Essen versorgen. Dieser berechtige Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege dazu, existenzsichernde Zahlungen an Bedürftige zu leisten.

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