Handwerkspräsident Wollseifer „Abschiebung ausgebildeter Flüchtlinge ist Unsinn“

Berlin · In der Debatte über ein Bleiberecht für bestimmte Migrantengruppen meldet sich die Wirtschaft zu Wort: Wer nur geduldet ist, aber eine Ausbildung absolviert hat und gute Arbeit leistet, solle in Deutschland bleiben dürfen, fordert das Handwerk.

 Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer wünscht sich eine differenziertere Debatte über das Einwanderungsrecht (Archiv).

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer wünscht sich eine differenziertere Debatte über das Einwanderungsrecht (Archiv).

Foto: Krebs/Andreas Krebs

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer kritisiert die Abschiebung von bereits in Deutschland ausgebildeten Flüchtlingen als „wirtschaftlichen Unsinn“ und spricht sich unter Bedingungen für ein Bleiberecht geduldeter Migranten aus. „Flüchtlingen, die bei uns leben und die sich nicht nur als integrationswillig, sondern durch einen Ausbildungsabschluss und gute Arbeit als absolut integrationsfähig erwiesen haben, sollte man einen Spurwechsel ermöglichen und ein Bleiberecht einräumen – auch wenn sie bisher nur geduldet wurden“, sagte Wollseifer.

Eine deutliche Zunahme der Lehrstellenverträge von jungen Leuten aus Afghanistan und Syrien hat dafür gesorgt, dass die Ausbildungsbilanz 2017 für Deutschland noch positiv ausfällt. Bei den Männern aus diesen beiden großen Herkunftsländern von Asylbewerbern habe sich die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um etwa 7000 auf rund 10.000 mehr als verdreifacht, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Der Zentralverband des Handwerks (ZDH) und andere Wirtschaftsverbände pochen nun auf einheitliche Regelungen, dass während einer Ausbildung keine Abschiebung stattfindet.

In Deutschland geduldete Flüchtlinge können seit 2016 für die Dauer einer Berufsausbildung und einer zweijährigen Anschlussbeschäftigung (3 plus 2) nach dem Aufenthaltsgesetz eine „Ausbildungsduldung" erhalten. Voraussetzung ist, dass noch keine „aufenthaltsbeendenden Maßnahmen“ eingeleitet wurden. Aus der Wirtschaft heißt es, in einigen, vor allem südlichen Bundesländern werde die Regelung von den Ausländerbehörden eher restriktiv gehandhabt und die „Ausbildungsduldung" oft nicht erteilt. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte sich offen für einen so genannten „Spurwechsel“ bestimmter Migrantengruppen vom Asylrecht ins Einwanderungsrecht ausgesprochen.

Das Handwerk unterstützt diese Position teilweise. „Wer bei uns eine dreijährige duale Ausbildung gemacht und dann zwei weitere Jahre als Facharbeiter im Betrieb gearbeitet hat, den sollte man nicht abschieben“, sagte ZDH-Präsident Wollseifer. „Alles andere wäre wirtschaftlicher Unsinn.“

Wollseifer sagte weiter: „Wir müssen denjenigen unter den Geduldeten, die hier ausgebildet und integrationswillig sind, ein Bleiberecht gewähren, und dafür müssen wir eine gesetzliche Übergangsregelung schaffen.“ Zur Begründung sagte er: „Denn das sind genau die Fachkräfte, die wir so dringend brauchen, und sie haben bereits unter Beweis gestellt, dass sie ihren Beitrag für diese Gesellschaft leisten.“ Diese Flüchtlinge sollten in der Gesellschaft willkommen sein. „Wer dagegen nicht integrationswillig ist und auf Kosten unserer Gesellschaft lebt, der sollte unser Land so schnell wie möglich verlassen müssen.“

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