Köln Hacker erpresst Handelskonzern Rewe

Köln · Der Unbekannte droht, interne Firmendaten öffentlich zu machen.

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Foto: dpa, Julian Stratenschulte

Als Alain Caparros am vergangenen Samstagabend seine Mails las, dürfte der Chef des Handelskonzerns Rewe seinen Augen nicht getraut haben. In seinem Posteingang fand sich eine Botschaft mit folgendem Text: "Guten Abend, Herr Caparros, ich befinde mich im Besitz einer Menge Daten, wäre doch schade, wenn diese Daten an die Öffentlichkeit gelangen würden, oder? Ich hoffe, wir können eine Einigung erzielen." Ein Erpressungsversuch also. Der Absender bleibt als "Secure Mail user" anonym und nennt sich auch "Anonymous". Rewe hat die Polizei eingeschaltet. Ein Ermittlungsverfahren ist eingeleitet worden.

Wie viel Geld derjenige von dem französischen Konzernchef dafür verlangt hat, dass Rewe-Interna nicht ausgeplaudert werden, ist nicht bekannt. Der Hacker hat sich offenbar Zugang zum privaten Mail-Account eines Rewe-Aufsichtsrates verschafft, in dem auch Mitteilungen von Caparros an die Mitglieder des Kontrollgremiums stehen.

Ein Rewe-Sprecher erklärte dazu, die gestohlenen Daten seien "zwar unternehmensintern, aber in keiner Weise dazu geeignet, Druck auf unser Unternehmen auszuüben". Weiter betonte der Sprecher, dass weder der Mail Account des Rewe-Chefs noch das Mailsystem des Unternehmens gehackt worden seien.

Angeblich geht es dabei auch um Pläne des Konzerns, wie man das Wachstum vorantreiben könne. Diese Mutmaßungen wurden gestern aber nicht bestätigt. Zumindest geht es thematisch offenbar auch um die Energiewende und die Folgen für den deutschen Einzelhandel. Caparros hat im November ein Schreiben an die Rewe-Aufsichtsräte weitergeleitet, das zuvor der Handelsverband HDE und der Bundesverband des Lebensmittelhandels an Kanzlerin Merkel geschickt hatten. Darin ging es um die Vorbereitung auf den damaligen Energiegipfel und, wie Eingeweihte mutmaßen, auch um die Belastungen, die dem deutschen Einzelhandel entstehen. Noch im September hatte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth einen Neuanfang für die Energiewende gefordert und über teils unzumutbare Belastungen für die Branche in Deutschland geklagt.

Nach aktuellen Zahlen zahlt der Einzelhandel über die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegte Umlage jährlich mehr als zwei Milliarden Euro. Ein durchschnittlicher Supermarkt, der pro Jahr etwa 500 000 Kilowattstunden verbrauche, zahle im laufenden Jahr rund 31 200 Euro EEG-Umlage. Dies sei eine Steigerung von knapp 20 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr, teilte ein HDE-Sprecher gestern auf Anfrage mit.

(RP)
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