Jede achte Erklärung fehlt NRW schätzt schon Grundsteuerwerte

Düsseldorf · Immer noch fehlt den Ämtern ungefähr jede achte Erklärung. In vielen anderen Bundesländern sieht es kaum besser aus. In Nordrhein-Westfalen sind zwei Musterklagen gegen die Reform geplant.

Grundsteuer NRW: Das müssen Sie zu neuen Grundsteuerreform wissen
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Was Sie zur Grundsteuer in NRW wissen müssen

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Foto: dpa-tmn/Jan Woitas

Vier Monate nach dem Ablauf der bereits verlängerten Frist ist immer noch fast jede achte Grundsteuererklärung in Nordrhein-Westfalen nicht bei den Finanzbehörden eingegangen. Die Quote der abgegebenen Erklärungen lag nach Angaben eines Sprechers der Oberfinanzdirektion (OFD) Düsseldorf am Donnerstag bei knapp 88 Prozent. Damit fehlen noch immer mehr als 900.000 Erklärungen insgesamt. In den anderen Bundesländern ist der Stand nach einer Umfrage unserer Redaktion nicht besser. Unklar blieb zunächst, wo aktuell in Nordrhein-Westfalen der Schwerpunkt der fehlenden Steuererklärungen liegt – bei privaten Immobilieneigentümern, großen Wohnungsgesellschaften, der öffentlichen Hand.

Was jetzt auf säumige Steuerpflichtige zukommt: „Die Finanzämter in Nordrhein-Westfalen haben bereits mit der Schätzung der Grundsteuerwerte begonnen. Von der rechtlichen Möglichkeit, Verspätungszuschläge festzusetzen, macht die Finanzverwaltung keinen Gebrauch“, teilte die OFD auf Anfrage mit.

Für etwa 4,6 Millionen Erklärungen sind nach Angaben der Finanzverwaltung Bescheide an die Steuerpflichtigen verschickt worden. Es liegen also auch noch nicht abschließend bearbeitete Fälle in Millionenhöhe bei den zuständigen Finanzämtern, sodass insgesamt noch Bescheide für rund zwei Millionen Immobilien fehlen. Bis die Daten dazu festliegen, kann es also noch dauern. Wichtig sind diese Daten für die nordrhein-westfälischen Kommunen, die irgendwann Planungssicherheit für die Erhebung der Grundsteuer ab 2025 brauchen. „Für die Städte und Gemeinden ist entscheidend, dass im Frühjahr 2024 genügend Daten vorliegen, damit sie daraus einigermaßen verlässlich einen angemessenen Hebesatz ableiten können“, sagte Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, auf Anfrage. Er sehe zumindest aktuell keinen Grund zur Sorge, dass ein Bearbeitungsstau den Zeitplan ausbremsen könnte.

Gegen knapp sieben Prozent der Bescheide aus den NRW-Finanzämtern haben Steuerpflichtige bislang Einspruch eingelegt. Auch hier ist über einen Teil noch nicht entschieden. Was unter anderem dem Bund der Steuerzahler NRW ein Dorn im Auge ist: „Solange über die Einsprüche nicht entschieden ist, können wir kein Musterverfahren anstoßen“, sagte dessen Vorsitzender Rik Steinheuer unserer Redaktion. Denn dazu muss das Finanzamt einen Einspruch abgelehnt haben.

Jeder Hauseigentümer ist zur Grundsteuererklärung verpflichtet.

Jeder Hauseigentümer ist zur Grundsteuererklärung verpflichtet.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Aber auch wenn der Klageweg frei wäre, droht eine jahrelange juristische Auseinandersetzung, die Steuerpflichtige zwar nicht von der Zahlungspflicht befreit, aber eben auch die Zeit bis zur Rechtssicherheit verlängern würde. In NRW sind laut Steuerzahlerbund zwei Musterverfahren geplant, eines in Düsseldorf und eines im Finanzgerichtsbezirk Köln. Je nach Entscheidung könnten die Verfahren danach zum Bundesfinanzhof gehen. „Wenn in den Vorinstanzen gegen die Steuerpflichtigen entschieden würde, dann würden wir Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einreichen“, kündigte Steinheuer an. Das heißt: Der Rechtsstreit zieht sich über Jahre hin, und Kommunen würden womöglich auf einer zumindest teilweise unsicheren Datenbasis ihre Hebesätze bestimmen.

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