Zahlen bei Älteren höher als offiziell angegeben Grüne: Regierung trickst bei Arbeitslosenzahlen

Berlin · In Deutschland werden in der Arbeitslosenstatistik mehr als 100.000 Menschen im Alter von 58 Jahren oder älter nicht erfasst. Die Grünen werfen der Bundesregierung vor, die Zahlen absichtlich zu schönen, um sich vor der Einführung der Rente mit 67 nicht angreifbar zu machen.

Rente mit 67 - die wichtigsten Fragen
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Foto: AP

In der Altersgruppe zwischen 55 und 64 Jahren ist fast jeder Zehnte in Deutschland arbeitslos. Dies geht der Süddeutschen Zeitung zufolge aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor.

Die Arbeitslosenrate erreiche in der Bevölkerungsgruppe faktisch 9,7 Prozent und nicht wie in den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit ausgewiesen 8,0 Prozent, berichtet das Blatt aus dem Papier des Ministeriums, das ihr vorlag.

Dem Papier zufolge sind in der Arbeitslosenstatistik knapp 105.000 Menschen nicht mitgezählt, die älter als 58 Jahre sind und seit mindestens zwölf Monaten Hartz IV beziehen, ohne ein Jobangebot bekommen zu haben. Das sind nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) 16 Prozent mehr als vor einem Jahr - und so viele wie noch nie.

Würde man diese Gruppe in die Arbeitslosenstatistik einrechnen, erhöhte sich die Arbeitslosenrate der Älteren den Zeitungsangaben zufolge erheblich. Dann ergäbe sich eine Arbeitslosenquote der 55- bis 64-Jährigen von 9,7 und nicht von 8,0 Prozent, rechnete das Ministerium vor.

Insgesamt waren im November 2011 etwa 514.500 Menschen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren als arbeitslos gemeldet. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen bezog die staatliche Grundsicherung Hartz IV. Aus der Statistik der Bundesagentur verschwinden nun die Jobsuchenden, die den 58. Geburtstag bereits hinter sich haben und ohne Angebot bleiben. Eingeführt hat diese Regelung bereits im Jahr 2008 die große Koalition.

Kritiker halten der Bundesregierung vor, nicht genug dafür zu tun, dass Ältere wie unter der Rentenreform verlangt künftig auch tatsächlich bis zum Alter von 67 Jahren eine Beschäftigung finden.

Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, warf der Regierung vor, vor der Einführung der Rente mit 67 zu tricksen. Es müsse eine "ehrliche Arbeitslosenstatistik" erstellt werden, die nicht länger die Probleme verschleiert", sagte sie dem Blatt.

Eine Sprecherin der Bundesagentur erklärte dem Bericht zufolge, Ältere würden nicht links liegen gelassen, "auch wenn sie aus der Statistik gefallen sind". Sie bekämen weiter Vermittlungsvorschläge.

Auch das Arbeitsministerium wies die Vorwürfe zurück. Die Beschäftigungssituation der Älteren habe sich "deutlich besser entwickelt als für die Bevölkerung insgesamt", sagte ein Sprecher der Zeitung. In der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen habe der Anteil der Erwerbstätigen im Vorjahr 57,7 Prozent erreicht.

Auch den Vorwurf der Trickserei weist das Ministerium zurück. Früher seien noch viel merh Ältere nicht von der Arbeitslosenstatistik erfasst worden - nämlich all die über 58 Jahren, die erklärten, nicht mehr für den Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Darum seien Anfang 2008 sogar 625.000 Personen nicht als arbeitssuchend gemeldet gewsen.

(REU)
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