Berlin/Athen Griechische Wirtschaft schrumpft stärker als erwartet

Berlin/Athen · Finanzminister Schäuble sieht Griechenland als "besonders schwierigen" Fall innerhalb der Euro-Zone.

Griechenland steckt erneut in einer Rezession fest. Seine Wirtschaft schrumpfte im ersten Quartal des Jahres um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal und damit stärker als bisher angenommen. Die griechische Statistikbehörde hatte das Minus vor zwei Wochen zunächst mit 0,4 Prozent angegeben. Gestern korrigierte sie die Daten für das Wirtschaftswachstum nach unten. Im letzten Quartal 2015 hatte Griechenland noch ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent gemeldet. Schrumpft die Wirtschaft zwei Quartale hintereinander, spricht man von einer Rezession.

Da die griechische Wirtschaft in sieben der vergangenen acht Monate geschrumpft war, dürfte eine Rezession aber längst eingetreten sein. Auf eine nachhaltige Besserung nach sechs Jahren Krise muss das Land damit weiter warten. Die jüngste Erhöhung der Mehrwertsteuer dürfte kaum dazu beitragen, die Konjunktur zu stabilisieren. Zudem hat die griechische Regierung die Umsetzung von zugesagten Reformen unterlassen oder verzögert.

Auch aktuell scheint dies wieder der Fall zu sein. In einem Brief an die europäischen Partner soll Finanzminister Euklid Tsakalotos erklärt haben, die Regierung könne Teile der zugesagten Rentenreformen nicht umsetzen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.

Erst vergangene Woche hatten sich die Geldgeber mit Griechenland auf die Auszahlung von 10,3 Milliarden Euro an neuen Hilfskrediten geeinigt. Griechenland setzt seit einiger Zeit wieder auf die Euro-Partner, um der Pleite zu entgehen. Russland scheidet dagegen als Retter aus, obgleich der russische Präsident Wladimir Putin und Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras jüngst bei einem Besuch Putins in Athen eine engere Zusammenarbeit vereinbart haben.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) äußerte sich auf einer Konferenz in Berlin gestern kritisch über die griechische Politik. "Kein Land in Europa hat einen so hohen Anteil an Steuern, die eigentlich bezahlt werden müssen, aber nicht erhoben werden", sagte er. Am Wochenende war bekannt geworden, dass sich die ausstehenden Steuerzahlungen auf 87 Milliarden Euro summieren. Griechenland sei "besonders schwierig", sagte Schäuble. Da die Regierung andere Steuern nicht erheben könne, habe sie die Mehrwertsteuer erhöht. Das sei "ökonomisch nicht optimal". Eine zugesagte Rentenreform habe Athen so umgesetzt, dass sie erst für künftige Rentner ab 2017 gelten werde. Deshalb seien nun Zehntausende in Frührente gegangen, "damit sie von den Kürzungen nicht betroffen sind", sagte Schäuble.

(mar)
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