Berlin/Athen Athen trickst mit IWF-Notkonto
Berlin/Athen · Die griechische Regierung nahm 650 Millionen Euro von einem für Notfälle vorgesehenen Konto, um damit eine fällige Kreditrate beim Währungsfonds zu begleichen. Der IWF soll dem zugestimmt haben.
In ihrer Geldnot hat die griechische Regierung tief in die Trickkiste gegriffen: Sie zog 650 Millionen Euro von einem eigenen Not-Konto beim Internationalen Währungsfonds (IWF) ab, um eine am Montag fällige Kreditrate beim IWF von insgesamt 750 Millionen Euro bezahlen zu können. Der Währungsfonds habe der Verschiebung des Geldes von einem auf das andere Konto zugestimmt, erklärten griechische Regierungsvertreter. Eine Bestätigung vom IWF war nicht zu erhalten. Das für Notfälle vorgesehene IWF-Konto müsse im kommenden Monat aber wieder aufgefüllt werden, hieß es in Athen.
Der Vorgang zeigt, wie angespannt die Liquiditätslage des pleitebedrohten Landes in Wahrheit bereits ist. Bei Kommunen und staatlichen Einrichtungen kratzte die Regierung weitere 600 Millionen Euro zusammen, um laufende Verpflichtungen, etwa Gehalts- und Rentenzahlungen, erfüllen zu können.
Wann genau Griechenland endgültig zahlungsunfähig sein wird, ist unbekannt. Möglicherweise weiß das nicht einmal Finanzminister Giannis Varoufakis. Nach dem Treffen der Eurogruppe der Finanzminister am Montag in Brüssel hatte er nur erklärt, die Liquiditätslage sei ein "schrecklich dringendes Problem". Doch trotz des gewaltigen Drucks konnte er sich mit der Euro-Gruppe wieder nicht auf ein Reformprogramm einigen. Das soll nach dem Willen der Finanzminister nun bis spätestens Ende Mai gelingen.
Die Angst vor einem plötzlichen Euro-Ausscheiden Griechenlands belastete auch gestern die Börsen. Der Deutsche Aktienindex fiel zeitweise um fast zwei Prozent auf 11 148 Punkte. Am Anleihemarkt setzten sich die Turbulenzen fort. Im Juni und Juli muss Athen weitere größere Beträge an den IWF überweisen. Er hatte das Land zusammen mit der EU mit Krediten von 240 Milliarden Euro gestützt, die jetzt nach und nach fällig werden.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Notkredite für griechische Banken weiter aufgestockt, aber in geringerem Umfang als zuvor. Die EZB habe die sogenannten Ela-Kredite ("Emergency Liquidity Assistance") auf 80 Milliarden Euro erhöht, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Damit stünden den Instituten 1,1 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. In der Vorwoche waren die Kredite um 2,0 Milliarden Euro aufgestockt worden.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach von geringen Fortschritten bei den Verhandlungen: "In der Sache sind die Fortschritte nicht vergleichbar mit der Verbesserung der Atmosphäre." Er wies darauf hin, dass Athen nur wenig Zeit bleibe. Der Chef der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Herbert Reul, warnte: "Alle Fakten sprechen dafür, dass es keine Lösung für Griechenland geben wird."