Athen Griechenland ist empört über Währungsfonds

Athen · Der IWF misstraut Athen zutiefst, wie aus Telefon-Mitschnitten hervorgeht. Dennoch fordert er einen Schuldenschnitt.

Eigentlich ist der Internationale Währungsfonds (IWF) ein guter Freund der Griechen. Seit langem macht er sich für einen Schuldenerlass stark. Dennoch ist Ministerpräsident Alexis Tsipras nun richtig sauer auf die Organisation, denn die traut ihm nicht über den Weg. Der IWF hält Griechenland für reformunfähig und unterstellt, dass es nur etwas tut, wenn es unmittelbar vor der Pleite steht. Das geht aus einer IWF-Telefonkonferenz hervor, deren Mitschrift die Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht hat. Mit Sorge sieht der IWF, dass Renten- und Steuerreform sowie Banken-Sanierung (Zwangspfändung bei faulen Immobilienkrediten) nicht vorankommen. All das hatte Tsipras in den dramatischen Sommertagen 2015 versprochen, um ein drittes Hilfspaket über 86 Milliarden Euro zu bekommen.

Seit gestern sind Experten von IWF, Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission nun in Athen, um den Stand der Reformen zu prüfen. Nur wenn sie zufrieden sind, kann Hellas die nächste Tranche des Hilfspakets erhalten.

Tsipras ist empört. "Es sieht so aus, dass einige Leute Spielchen spielen, mit dem Ziel, uns zu destabilisieren", sagte er der Zeitung "Ethnos". Das werde man nicht zulassen. IWF-Chefin Christine Lagarde versuchte zu beruhigen. Sie schrieb an Tsipras, der IWF werde fair mit dem Land umgehen und es nicht aus taktischen Gründen in die Pleite treiben. Sie betonte aber auch, Athen müsse seine Zusagen einhalten, noch sei man weit von der Lösung der Probleme entfernt.

Zugleich fordert der IWF, dass die Gläubiger Griechenland einen Teil der Schulden (315 Milliarden Euro) erlassen. Andernfalls werde Athen 2018 kaum das Ziel erreichen und einen Primärüberschuss schaffen. Primärüberschuss heißt: Der Staat nimmt mehr ein als er ausgibt, wobei die Zinslast unberücksichtigt bleibt. Deutschland lehnte das ab: "Ein Schuldenschnitt steht im Augenblick nicht zur Debatte", so der Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Zudem sei Athens Schuldentilgung ohnehin bis 2020 ausgesetzt.

Da Griechenland fast nur noch öffentliche Gläubiger hat, würde ein Schnitt vor allem EZB und Deutschland treffen. Zugleich will Kanzlerin Merkel verhindern, dass der IWF aus der Rettung ausstiegt, da dieser - anders als die nachgiebige EU-Kommission - bei den Reformen scharf hinschaut. Noch komplizierter wird es durch die Flüchtlingskrise, bei deren Lösung Europa auf Athen angewiesen ist. Merkel hatte am Sonntag mit Tsipras telefoniert. Heute kommt Lagarde nach Berlin.

(anh)
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