Möglicher Austritt Griechenlands "Grexit" - das Austritts-Szenario und seine Folgen
Berlin/Brüssel · In Europas Notenbanken wurde zuletzt heftig über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone und dessen Folgen spekuliert. "Man gewinnt den Eindruck, die Griechen wollen raus und suchen nur noch einen Schuldigen", hieß es vor einigen Tagen. Sollen Deutschland und sein Finanzminister Wolfgang Schäuble diese Schuldigen sein? Jedenfalls hat die Tatsache, dass die Bundesregierung den griechischen Hilfsantrag von gestern so nicht akzeptieren will, die Diskussionen um einen "Grexit" neu befeuert. Die möglichen Folgen:

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Für das Land selbst wären die Konsequenzen verheerend. Befürworter argumentieren gern damit, dass die neue Währung (Drachme?) abwerten und dies die Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Exportfirmen stark verbessern könnte. Aber: Durch die Abwertung würden die in Euro aufgenommenen Kredite Griechenlands gewaltig steigen, und solche Lasten kann Athen nach fünf Jahren Rezession nicht schultern. Die Industrie müsste für Rohstoffe und Vorprodukte aus dem Ausland weit mehr bezahlen als zu Euro-Zeiten, Verbraucher für Importgüter mehr auf den Tisch legen, Firmen Stellen abbauen. Die Armut könnte sich verstärken.
Die Folgen für die Euro-Zone wären zumindest überschaubar, was die Ansteckungsgefahren angeht. Dadurch, dass die Europäische Zentralbank billionenschwere Anleihenkäufe bis 2016 angekündigt hat, dürften bei einem "Grexit" auch die Zinslasten für Staaten wie Italien, Spanien und Portugal kaum steigen. Zudem gibt es für Notfälle den Euro-Krisenfonds ESM. Griechenlands mangelnde Leistungsfähigkeit würde allerrdings einen Schuldenschnitt unumgänglich machen - mit Folgen auch für die deutschen Steuerzahler.
Für die Griechen würden Importe teurer. Das heißt: Deutsche Unternehmen, die Waren nach Griechenland verkaufen, würden auf diesem Absatzmarkt Einbußen hinnehmen müssen.
Der Dax, der gestern früh schon bei 11 022 Punkten auf ein Rekordhoch geklettert war, fiel nach dem Nein aus Berlin nur kurz zurück. Das heißt: Schlechte Nachrichten in Sachen Griechenland schockieren den Aktienmarkt nur kurz. Da hätte eine Eskalation in der Ost-Ukraine viel schwerwiegendere Folgen.
Für deutsche Touristen wären die Einführung einer neuen Drachme und deren Abwertung gut. Sie bekämen mehr Ferien für ihren Euro. Das könnte zumindest Griechenlands Touristik-Branche einen Schub geben.