Athen Athen bittet Russland im Schuldenstreit um Hilfe

Athen · EU ist in Sorge wegen der Annäherung an Moskau. Hafen Piräus soll an chinesische Investoren verkauft werden.

Im Kampf gegen die Staatspleite sucht Griechenland nach neuen Geldgebern. Heute reisen Energieminister Panagiotis Lafazanis und der Parlamentssprecher der regierenden Syriza-Partei, Thanasis Petrakos, nach Moskau, um zwei Bitten von Ministerpräsident Alexis Tsipras zu überbringen, wie der "Spiegel" berichtet: Danach soll Russland die Erdgaspreise für griechische Kunden senken. Der russische Staatskonzern Gazprom kontrolliert fast 70 Prozent des griechischen Erdgasmarktes.

Zum zweiten soll Moskau griechische Produkte wie Obst vom Importverbot für EU-Waren ausnehmen. Russland hatte im Sommer als Antwort auf westliche Sanktionen die Einfuhr von EU-Agrarwaren verboten. Ministerpräsident Alexis Tsipras will am 8. April selbst nach Moskau reisen. Es wird erwartet, dass Tsipras auch nach russischen Krediten fragen wird. Vor Wochen hatte der griechische Regierungschef noch versichert, Russland nicht um Hilfe bitten zu wollen.

Europa sieht die Annäherungsversuche der Griechen an Moskau mit Sorge: Der in der Ukraine-Krise isolierte russische Präsident Wladimir Putin könnte die Lage nutzen, um die Europäische Union zu spalten. Zugleich wird es so für die europäischen Geldgeber schwerer, die Griechen zur Einhaltung der Finanzdisziplin zu zwingen.

Daneben bemüht sich Griechenland auch um Hilfe aus China. Vize-Regierungschef Yannis Dragasakis war am Wochenende in Peking, um den Verkauf des größten griechischen Hafens voranzutreiben. Als aussichtsreichster Bewerber um Piräus gilt die chinesische Cosco-Gruppe. Eigentlich hatte die Regierung alle Privatisierungen stoppen wollen. Doch die staatlichen Kassen sind so leer, dass man nun auf die Erlöse angewiesen ist.

Die früher Troika genannten Institutionen Europäische Zentralbank, EU-Kommission und Internationaler Währungsfonds fürchten derzeit, dass der Reformstopp der griechischen Regierung zu einem Loch von zehn bis 20 Milliarden Euro in der Staatskasse führen wird. Aktuell kämpft Griechenland um die Freigabe von 7,2 Milliarden Euro aus verschiedenen Hilfstöpfen. Sollte das Loch wirklich 20 Milliarden Euro betragen, wird das Land um ein drittes Hilfspaket nicht herumkommen. Es wird befürchtet, dass Athen spätestens am 20. April das Geld ausgeht.

Erschwert wird die Rettung abermals durch das Verhalten der griechen Regierung, die Zusagen immer wieder unterläuft. So lehnte die Troika die am Freitag in Brüssel eingereichte Athener Reformliste ab, weil sie viel zu vage ist. Athen verspricht nur unkonkrete Maßnahmen gegen reiche Bürger und Steuerhinterzieher, die nicht ausreichen, um die Löcher zu stopfen.

Zudem kündigte die Regierung Tsipras an, dass sie das von der Troika gesetzte Ziel verfehlen werde, in diesem Jahr einen Primärüberschuss (Überschuss der staatlichen Einnahmen über die Ausgaben, ohne Berücksichtigung von Zinsausgaben) von drei Prozent zu erreichen. Nun sollen es nur 1,5 Prozent werden. Die Troika will nur dann die Hilfsgelder freigeben, wenn Athen die drei Prozent schafft.

(RP)
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