Frankfurt Google kann die Autobauer nicht ersetzen

Frankfurt · Die Automobilindustrie und die Digital-Konzerne liefern sich derzeit einen Wettstreit darum, wer das Fortbewegungsmittel der Zukunft baut. Eine Studie der Deutschen Bank sieht die Industrie im Vorteil.

Es wird noch mindestens bis 2040 dauern, bis das "digitale Auto" sich auf den Straßen durchgesetzt und Marktanteile von 50 bis 75 Prozent erreicht haben wird. Denn "es ist technologisch hochkomplex, ein chaotisches System wie den Straßenverkehr zu automatisieren", sagt Eric Heymann, der sich dem "digitalen Auto" in einer Studie der Deutschen Bank gewidmet hat.

Gute Nachricht für VW, Daimler, BMW & Co: Die klassische Automobilindustrie sei in ihrem Kerngeschäft, der Automobilproduktion, nicht angreifbar. Es sei viel zu kompliziert, zu teuer und zu langwierig für mögliche neue Anbieter, eine eigene Massenfertigung aufzubauen. Fachleute sprechen von "hohen Eintrittsbarrieren in den Markt". Außerdem sei der Weg noch weit: Ein Mensch könne schnell erkennen, ob die Kiste, die vom vorausfahrenden Lastwagen falle, leer sei, also gefahrlos überfahren werden könne. Das schafften digitale Techniken noch nicht. Zudem sei möglichen Interessenten am Autobau die Rendite insgesamt wohl zu niedrig. Dazu passt die Ankündigung Googles aus der vorigen Woche, nicht selbst Autos produzieren zu wollen. Der Suchmaschinen-Konzern hat eine Software entwickelt, mit der sich selbstfahrende Autos steuern lassen.

Noch wage es der Gesetzgeber nicht, den selbst steuernden Autofahrer in ein abgegrenztes Gebiet zu verbannen, damit er dort seiner oft unfallträchtigen freien Fahrt frönen könne, heißt es in der Studie weiter. Doch das digitale Auto werde kommen, meint Heymann. Es werde selbst fahren, sich allein zurechtfinden, womöglich kein Steuerrad mehr besitzen, seinen Insassen (die keine Fahrer mehr sein müssen) andere Beschäftigungsmöglichkeiten während der Fahrt lassen und ihnen bei Bedarf Informationen über Ziele am Rande des Weges zutragen.

Um ein solches Auto zu produzieren, brauche es Unternehmen aus den Bereichen IT und Elektrotechnik. "Sie haben sehr gute Chancen auf hohe Marktanteile", sagte Heymann: "Es gilt als sicher, dass die jungen Marktsegmente am stärksten wachsen werden." Die traditionellen Hersteller blieben aber am Markt beteiligt, wenn auch mit geringeren Wachstumsraten. Denn die neuen Funktionen des digitalen Autos würden zusätzlich in die Fahrzeuge verbaut. Sie ersetzten die traditionellen Technologien nur bedingt. Das sei anders als beim Elektroantrieb, der statt des Verbrenners in den Motorraum komme. Heymann geht nicht von Übernahmen, sondern von der Kooperation zwischen traditionellen Herstellern und Digitalkonzernen wie Google, Facebook und Microsoft aus.

Deshalb auf ein Null-Euro-Auto zu hoffen, das dem Käufer wie ein kostenloses Handy mit dem Nutzungsvertrag vor die Tür gestellt wird, hält der Analyst für unrealistisch. Denn dazu sammele das Auto des Deutschen zu wenige Daten.

Das Fahrzeug des Deutschen sei eigentlich ein "Stehzeug". Im Schnitt werde es zu etwa 97 Prozent der verfügbaren Zeit nicht genutzt. Also produziere und liefere es auch keine mobilen Daten. Außerdem seien die meisten zurückgelegten Strecken kurz und standardisiert, etwa zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. "Wie 'wertvoll' sind die dabei generierten Daten?", fragte Heymann. Sei es eine wichtige, neue und also verkäufliche Information, auf dieser Strecke auf eine Tankstelle hingewiesen zu werden?

Mit dem digitalen Auto dürften sich auch neue Nutzungen herausbilden. Das hat schon begonnen, und die Konzerne haben sich darauf eingestellt, etwa beim Carsharing. So betreibt Daimler das Angebot Car2Go zusammen mit dem Autovermieter Europcar. DriveNow von BMW ist eine Kooperation mit Sixt und expandiert unter dem Namen ReachNow nun auf den US-Markt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort