Mönchengladbach General Electric streicht 1600 Stellen

Mönchengladbach · Der Konzern leidet vor allem unter dem schwächelnden Öl- und Gasgeschäft. Das Werk in Mönchengladbach soll geschlossen oder verkauft werden. Die IG Metall ist alarmiert und wirft dem Management "Raubtierkapitalismus" vor.

Es herrscht Schockstarre auf der Betriebsversammlung von General Electric (GE) Grid Solutions in Mönchengladbach. Niemand kann glauben, was das Management da soeben verkündet: Das Werk mit einer über hundertjährigen Tradition soll 2019 geschlossen werden, obwohl die Auftragsbücher prall gefüllt sind und der Standort schwarze Zahlen schreibt. Erfahren haben sie es frühmorgens aus der Zeitung, nachdem GE tags zuvor bereits lediglich mehrere Entscheidungsträger in der Stadt vorab informiert hatte - nun wird das Unglaubliche Realität.

Der Industriekonzern leidet unter dem schwächelnden Energiegeschäft und will daher bundesweit 1600 Stellen streichen, weltweit 12.000. "Wir sind bestrebt, dies so sozialverträglich wie möglich zu gestalten", sagte Alf Henryk Wulf, Chef der GE-Energiesparte in Deutschland. "Wir machen solche Vorschläge nicht leichtfertig." Neben Gladbach wird auch der Berliner Standort GE Power Conversion aufgegeben. Weitere Stellenstreichungen sind zudem in Mannheim, Stuttgart und Kassel vorgesehen. Alleine in Gladbach sind 371 Mitarbeiter betroffen.

Der dortige Betriebsratsvorsitzender Falk Hoinkis, zugleich Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Grid-Sparte und Vorstandsmitglied des europäischen Betriebsrates, ist fassungslos. Er ahnte von nichts, gibt sich aber kämpferisch. "Wir werden als Betriebsrat und mit der gesamten Mannschaft den Beweis antreten, dass das eine Fehlentscheidung von GE ist, mit der sie Märkte verlieren werden." Man hänge nicht an GE, das das Werk erst 2015 mit dem Portfolio des französischen Konkurrenten Alstom übernommen hatte, sei offen für jeden Investor - und wolle sich aktiv in die Suche einschalten. Das sagt auch die Gladbacher IG Metall - denn auch beim Ersten Bevollmächtigten Reimund Strauß liegt viel Wut in der Stimme. "Es sollte dann nur keiner aus der Liga Siemens, Thyssenkrupp oder GE sein, die unter dem Druck der Anteilseigner den Profit trotz Milliardengewinnen immer noch weiter erhöhen müssen." Die Entscheidung sei "aberwitzig" - das Werk habe regelmäßig Landesbeste unter den Auszubildenden, sei als familienfreundlich ausgezeichnet, beschäftige Schwerbehinderte, sei ein Rückgrat der örtlichen Industrie. "Wenn man die Maßstäbe, die GE hier anlegt, an alle Betriebe anlegt, könnten in der Region 80 Prozent sofort dichtmachen."

Strauß' Kollege Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW, übte ebenfalls scharfe Kritik am Stellenabbau. Unserer Redaktion sagte er: "General Electric macht in allen Geschäftsfeldern Milliardengewinne. Der geplante Stellenabbau ist daher völlig inakzeptabel." Auf Kosten der Beschäftigten solle kurzfristig Profit maximiert werden. "Das ist unsozial und betriebswirtschaftlich unvernünftig." Die IG Metall NRW fordere eine Investitionsstrategie statt Stellenabbau. "Die Fertigung in Gladbach ist profitabel", so Giesler. Sie solle nun wegen der Profitgier von Finanzmärkten und Anteilseignern geschlossen werden. "Das ist Raubtierkapitalismus pur. Wir können uns für Mönchengladbach durchaus Lösungen außerhalb von GE vorstellen." Der NRW-Bezirksleiter appellierte an die Landesregierung, sich einzuschalten: "Nach Thyssenkrupp und Siemens folgt nun General Electric. Jetzt ist die Landesregierung gefordert. Sie muss sich endlich entscheiden, ob sie dem Ausverkauf von industrieller Wertschöpfung in NRW weiter tatenlos zuschaut, oder ob sie sich im Sinne der Beschäftigten in diese Prozesse einschaltet."

Ein GE-Sprecher begründete die Schließung des Gladbacher Werks mit Überkapazitäten und einem schrumpfenden Markt. Man wolle sich künftig auf die zwei verbleibenden Transformatoren-Werke konzentrieren: in der Türkei, die Lohnvorteile biete, und - ungeachtet des Brexits - in England, wo man Trafos mit höherer Spannung herstellen könne, wie sie für Stromautobahnen und die Anbindung von Offshore-Windparks benötigt würden.

Mit Blick auf einen möglichen Verkauf des Werks in Mönchengladbach an einen externen Investor sagte der Unternehmenssprecher: "Denkbar ist vieles." Es sei zwar in der aktuellen Situation nicht angeraten, über so etwas zu spekulieren, GE würde sich einer solchen Möglichkeit aber nicht verschließen.

(RP)
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