Zum Vorschlag der Wirtschaftsweisen Spitzensteuersatz rauf – Belastung für Ärmere runter

Meinung | Düsseldorf · Die Idee der fünf Weisen ist richtig, mit höheren Steuern für Reiche die Entlastung der ärmeren Haushalte zu finanzieren. Doch es müssen noch andere Bedingungen erfüllt sein, damit dieser Ansatz funktioniert.

Die hohe Inflation macht vielen zu schaffen.

Die hohe Inflation macht vielen zu schaffen.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Angesichts der extrem hohen Inflation haben die Wirtschaftsweisen, also das Gremium, das die Regierung in wirtschaftlichen Fragen berät, in dieser Woche vorgeschlagen, die Haushalte mit geringem Einkommen über direkte staatliche Zuschüsse zu entlasten, und zur Finanzierung dieser Ausgaben den Spitzensteuersatz zeitlich befristet zu erhöhen. Das ist überzeugend.

Die hohe Inflation, die insbesondere von den exorbitant gestiegenen Preisen für Nahrungsmittel und Energie getrieben wird, belastet alle Haushalte. Aber Haushalte mit geringem Einkommen sind stärker betroffen als Haushalte mit einem hohen Einkommen: Zum einen müssen sie einen höheren Anteil ihres Einkommens für Energie und Nahrungsmittel ausgeben, das heißt genau für die Güter, deren Preise massiv gestiegen sind. Ihre persönliche Inflationsrate ist damit höher. Zum anderen verfügen sie über einen geringeren finanziellen Spielraum, um die zusätzlichen Belastungen zu verkraften. Nicht nur wegen ihres niedrigeren Einkommens sondern auch aufgrund geringerer Ersparnisse. Die hohe Inflation ist für Haushalte mit niedrigem Einkommen eine existenzielle Bedrohung. Sie müssen entlastet werden.

Überzeugend argumentieren die Wirtschaftsweisen, dass die Entlastungsmaßnahmen vier Bedingungen erfüllen sollen: Erstens sollen sie zielgenau entlasten, das heißt die Haushalte, die existenziell bedroht sind. Alle Haushalte können nicht entlastet werden. Zweitens sollen sie das Signal, das von hohen Energiepreisen ausgeht, nicht außer Kraft setzen, damit weiterhin ein Anreiz zum Energiesparen bleibt. Drittens sollen sie die Belastungen des Staatshaushalts in Grenzen halten. Viertens sollen sie die Nachfrage nach Gütern nicht zusätzlich stärken, damit von ihnen nicht noch ein zusätzlicher Druck auf die Preise ausgeht. Ein Entlastungspaket, das die Haushalte mit geringem Einkommen durch staatliche Zuschüsse entlastet, finanziert über eine zeitlich befristete Erhöhung des Spitzensteuersatzes erfüllt diese Bedingungen am ehesten.

Unsere Autorin ist Professorin für monetäre Makroökonomik an der Universität Düsseldorf. Sie wechselt sich hier mit dem Wettbewerbsökonomen Justus Haucap und dem Vermögensexperten Karsten Tripp ab.

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