Werbeverbote für Dickmacher Warum Minister Cem Özdemir irrt
Meinung · Kinder sollen nach dem Willen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) besser vor Werbung für stark zucker-, fett- und salzhaltige Nahrungsmittel geschützt werden. Warum Özdemir irrt und sein Vorhaben nichts bringen wird.
Rund 15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen in Deutschland sind nach Angaben der Bundesregierung übergewichtig. Damit sich das ändert, will Ernährungsminister Cem Özdemir an Kinder gerichtete Werbung für Chips, Schokolade und andere ungesunde Snacks verbieten. Werbung für solches „Junkfood“ soll in Zeitungen, Zeitschriften und Broschüren untersagt werden, wenn diese sich von der Aufmachung her offensichtlich an Kinder richtet. Zudem soll Außenwerbung im Umkreis von 100 Metern zu Schulen, Kindertageseinrichtungen, Spielplätzen oder anderen Freizeiteinrichtungen für Kinder ebenso wie Sponsoring unterbleiben.
Das Ganze hört sich zunächst recht vernünftig an, denn Übergewicht bei Kindern ist in der Tat ein Problem. Die Frage ist jedoch: Bringt das irgendetwas außer zusätzlicher Regulierung und Bürokratie? Wird ein solches Werbeverbot zu einem auch nur irgendwie messbaren Rückgang in der Zahl übergewichtiger Kinder führen? Das ist leider stark zu bezweifeln. Ich prognostiziere stattdessen, dass der Anteil der übergewichtigen Kinder auch bei einem Werbeverbot nicht um einen einzigen Prozentpunkt zurückgehen wird.
Özdemirs Vorschlag basiert auf der Hypothese, dass Kinder wegen der Werbung Süßes essen und ohne Werbung weniger Süßes essen würden. Diese Vorstellung ist jedoch naiv. Werbung dient vor allem als Instrument im Kampf um Marktanteile – eine echt zusätzliche Nachfrage für bestehende Produkte zu schaffen, gelingt nur selten. Würden die Leute sich oder ihre Wäsche weniger waschen, wenn Werbung für Duschgel oder Waschmittel verboten würde? Wohl kaum. Werden Kinder weniger Süßes essen, wenn sie weniger Werbung dafür sehen? Das ist zu bezweifeln.
Die Maßnahme ist vor allem Ausdruck einer um sich greifenden Wohlfühlpolitik. Die Politik unternimmt etwas, das sie selbst nichts kostet. Man hat dann etwas gemacht, was man vorzeigen kann. Es bringt zwar nichts, aber die Politik hat guten Willen demonstriert. Echte Probleme löst man durch eine solche Politik allerdings nicht.
Unser Autor ist Professor für Wettbewerbsökonomie an der Universität Düsseldorf. Er wechselt sich hier mit der Ökonomin Ulrike Neyer und dem Vermögensexperten Karsten Tripp ab.