Geld und Leben Warum die EU dringend Schulden abbauen muss

Meinung · Die Vorgaben sind eigentlich klar, trotzdem halten sie einige Staaten nicht ein. Von der EU-Kommission und auch aus Deutschland kommen Ideen zur Reform der Schuldenregeln – beide sind problematisch.

Flaggen der Europäischen Union wehen im Wind vor dem Europa-Gebäude.

Flaggen der Europäischen Union wehen im Wind vor dem Europa-Gebäude.

Foto: dpa/Arne Immanuel Bänsch

Vergangene Woche hat die EU-Kommission ihre heftig umstrittenen Reformvorschläge für die europäischen Schuldenregeln vorgestellt. Schuldenregeln sollen die Haushaltsdisziplin der Länder gewährleisten, denn eine übermäßige Staatsverschuldung ist problematisch. Sie schränkt den Handlungsspielraum einer Regierung ein. Wichtige Investitionen (Klimaschutz, Infrastruktur) können nicht mehr im ausreichenden Ausmaß finanziert werden, notwendige Hilfsmaßnahmen im Fall einer Krise nicht geleistet werden.

Die europäischen Schuldenregeln besagen, dass die Schulden eines Landes 60 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes (BIP) nicht übersteigen dürfen. Wenn das trotzdem der Fall ist, müssen die Schulden jedes Jahr soweit abgebaut werden, dass nach 20 Jahren die Grenze wieder erreicht ist (Ein-Zwanzigstel-Regel). Einige Länder weisen trotzdem eine sehr hohe Verschuldung auf. So lag 2022 die Verschuldung Italiens relativ zum BIP bei knapp 145 Prozent, in Frankreich bei 112 Prozent. Aufgrund der notwendigen Ausgaben in der Pandemie und Energiekrise wurde die Einhaltung der Regeln bis Ende 2023 ausgesetzt. Wird bis dahin keine Einigung über eine Reform erzielt, gelten die alten Regeln wieder. Ein Schuldenabbau gemäß der Ein-Zwanzigstel-Regel ist jedoch in einigen Ländern gar nicht möglich. Die staatliche Aufgabenerfüllung wäre nicht gewährleistet, wichtige Investitionen müssten eingeschränkt werden, die Konjunktur würde abgewürgt. Aber: ein Schuldenabbau ist unabdingbar!

Eine Lösung zu finden gleicht der Quadratur eines Kreises. Die EU-Kommission schlägt vor, mit den einzelnen Ländern einen individuellen Schuldenabbauplan auszuarbeiten. Die deutsche Position ist, dass Länder jedes Jahr ihre Schuldenquote um einen Prozentpunkt reduzieren müssen. Beide Lösungsansätze sind mit Problemen behaftet. Man muss nun versuchen, bis Ende des Jahres beide Ansätze bestmöglich zu verbinden. Aber: ohne „Schmerzen“ wird der notwendige Schuldenabbau nicht möglich sein.

Unsere Autorin ist Professorin für monetäre Makroökonomik an der Universität Düsseldorf. Sie wechselt sich hier mit dem Wettbewerbsökonomen Justus Haucap und dem Vermögensexperten Karsten Tripp ab.

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