Erneuerbare Energien Strom ohne Treibhausgase ist schneller möglich als gedacht

Meinung | Düsseldorf · Die Hälfte des Stroms stammt schon aus erneuerbaren Energien. Die zweite Hälfte wird deutlich schwieriger, aber es gibt überraschende Lösungsansätze.

 Eine Windenergieanlage in Brandenburg.

Eine Windenergieanlage in Brandenburg.

Foto: dpa/Patrick Pleul

In Deutschland erzeugen wir schon heute die Hälfte unseres Stroms aus erneuerbaren Energiequellen. Sehr erfreulich – aber in gut zehn Jahren soll diese Quote bei 100 Prozent liegen. Dabei ist die zweite Hälfte viel schwerer zu erreichen als die erste, denn die gefürchteten Dunkelflauten verhindern die Erzeugung des Stroms dann, wenn er gebraucht wird. Zwar zählen auch Wasserkraft und Biogas zu den Erneuerbaren, und sie stehen unabhängig vom Wetter zur Verfügung. Doch beide spielen in Deutschland keine große Rolle. Und mit dem Verschwinden der Gletscher sinkt unser Potenzial für Wasserkraft noch weiter.

Aber wir sind alles andere als hilflos. Drei technische Strategien bringen uns allen Hindernissen zum Trotz auf 100 Prozent erneuerbar: 1. Wir erweitern den Radius der Stromerzeugung großräumig – irgendwo scheint immer die Sonne oder es weht wenigstens ein ordentlicher Wind. Außerdem liegt mit Norwegen Europas Wasserkraftzentrum in Reichweite. 2. Wir speichern überschüssigen Strom, entweder in Batterien, die zum Beispiel in Elektroautos künftig in großer Zahl zur Verfügung stehen, oder durch Umwandlung in Wasserstoff. Beide Wege helfen, Dunkelflauten zu überbrücken. 3. Wir passen den Verbrauch der Erzeugung an, indem wir dann besonders viel Energie abrufen, wenn Sonne und Wind Vollgas geben.

Nichts davon ist vollkommen neu, aber bislang nicht in großem Maßstab verfügbar. Gebraucht werden also digitale Messung und Steuerung – „Smart Meters“ – in jedem Haushalt und jedem Betrieb, eine Vervielfachung der Batterie- und Elektrolyse-Kapazitäten sowie ein massiver Ausbau der Netzverbindungen. Politik in Berlin und Brüssel haben sich alles schon vor Jahren vorgenommen, doch passiert ist nicht viel.

Jetzt muss alles umso schneller gehen, und bei den ausufernden Energiepreisen lohnt es sich auch. Für Anleger heißt das, den Ausrüstern unserer Elektro-Infrastruktur stehen goldene Zeiten bevor. Viele von ihnen sind gerade zu Schnäppchenpreisen zu haben – wer es kann, greift jetzt zu.

Unser Autor leitet die Vermögensabteilung von HSBC Deutschland in Düsseldorf. Er wechselt sich hier mit den beiden Wirtschaftsprofessoren Ulrike Neyer und Justus Haucap ab.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort