Geldentwertung Die verheerende Hyperinflation von 1923

Meinung · Ein willfährige Notenbank im Dienste der Regierung wird sich nicht um die Stabilität der Währung kümmern. Das zeigt das Beispiel der Reichsbank im Jahr 1923 – vor 100 Jahren.

 Eine Reichsbanknote über Fünf Billionen Mark vom November 1923 und andere Banknoten über 20 Milliarden Mark.

Eine Reichsbanknote über Fünf Billionen Mark vom November 1923 und andere Banknoten über 20 Milliarden Mark.

Foto: picture alliance / ZB/Andreas Engelhardt

1923 - das Jahr der Hyperinflation in Deutschland. Im Oktober 1922 kostete ein Brot 23 Mark, ein Jahr später 260 Millionen Mark! Eigentliche Funktionen des Geldes, wie die Tauschmittelfunktion, spielten keine Rolle mehr. Stattdessen wurden Geldscheine zum Befeuern des Kamins oder als Notizzettel genutzt. Das Geldwesen war vollständig zusammengebrochen.

Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Hyperinflation waren verheerend. Das, was die Menschen von ihren Einkommen noch kaufen konnten, wurde immer weniger. Über Jahre aufgebaute Ersparnisse waren innerhalb kurzer Zeit nichts mehr wert. Ein Großteil der Bevölkerung verarmte. Mangelernährung, ein schlechter Gesundheitszustand, eine steigende Selbstmordrate waren die Folge. Die Kriminalität nahm bedrohliche Ausmaße an. Es kam zu einem Verfall moralischer Normen und Werte.

Die Ursache für diese verheerende Inflation war die Finanzierung exorbitant hoher Staatsausgaben über das Drucken von Geld. Die hohen Staatsausgaben resultierten unter anderem aus fälligen Zins- und Tilgungszahlungen für die zur Finanzierung des Ersten Weltkrieges aufgenommenen immensen Schulden, für die Reparationszahlungen, die ausgeweiteten Sozialleistungen, die Finanzierung des passiven Widerstands der Bevölkerung bei der Besetzung des Ruhrgebiets durch Frankreich und Belgien. Die abhängige, den Weisungen der Regierung unterliegende Zentralbank beugte sich deren Finanzierungswünschen. Sie finanzierte die enormen Staatsausgaben, indem sie immer mehr Geld druckte. Der steigenden Geldmenge stand kein entsprechendes Güterangebot gegenüber, die Preise stiegen.

Dass es noch einmal zu so einer Hyperinflation kommt, ist nahezu ausgeschlossen. Entsprechend etablierte Institutionen, in denen sich die Erfahrungen von 1923 heute noch widerspiegeln, verhindern dies. Insbesondere die gesetzlich verankerte Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank ist bedeutsam. Das Gesetz verbietet ihr, sich Finanzierungswünschen der Regierungen zu beugen.

Unsere Autorin ist Professorin für monetäre Makroökonomik an der Universität Düsseldorf. Sie wechselt sich hier mit dem Wettbewerbsökonomen Justus Haucap und dem Vermögensexperten Karsten Tripp ab.

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