Geld und Leben Rezession voraus!

Meinung | Düsseldorf · Die aktuell hohe Belastung der Energiewirtschaft ist historisch nicht beispiellos. In der Vergangenheit hat sich die Lage später immer wieder beruhigt. Doch diesmal gibt es einen entscheidenden Unterschied.

Autos fahren am frühen Morgen an einer Preistafel einer Tankstelle vorbei. (Symbolbild)

Autos fahren am frühen Morgen an einer Preistafel einer Tankstelle vorbei. (Symbolbild)

Foto: dpa/Christoph Schmidt

Leider kann es keinen ernsthaften Zweifel geben: Fast alle großen Industrieländer steuern in eine Rezession. Dazu muss man nur eine Zahl kennen – die 18. Dies ist der Prozentwert ihrer Wirtschaftsleistung, den die Länder der OECD inzwischen für die Beschaffung von Energie aufwenden. Zum Vergleich: 2021 waren es nicht einmal zwölf Prozent. Klar, der Verbrauch hat sich nicht wesentlich verändert, es handelt sich um einen reinen Preisanstieg. Dabei ist die aktuell hohe Belastung historisch nicht einmal beispiellos.

Erstmals 1974 und dann auch zu Beginn der Achtzigerjahre haben wir die 18 Prozent bereits verzeichnet, beide Male begleitet von einem Einbruch der Wirtschaft. Danach hat sich die Lage aber immer wieder beruhigt. Seinerzeit half der Ausbau der Kernenergie, um die Abhängigkeit vom Öl zu vermindern. Auf der Angebotsseite senkte die Erschließung neuer Fördergebiete, etwa in der Nordsee, die Preise für Öl und Gas. Die Abkehr von fossilen Energien geht bekanntlich weiter. Vor allem in Europa soll es der Ausbau der Erneuerbaren richten, anderswo auf der Welt hält der Trend zur Kernenergie an. Was diesmal anders ist: trotz historisch hoher Preise für Öl und Gas investieren Unternehmen immer weniger in neue Quellen, obwohl noch reichlich Reserven bestehen.

Schon 1974 stellte der seinerzeitige Ölminister Saudi-Arabiens fest: „Das Ölzeitalter wird nicht aus Mangel an Öl zu Ende gehen, so wenig wie die Steinzeit aus Mangel an Steinen zu Ende ging.“ Heute wissen wir: Er hatte Recht. Denn die Energiebranche denkt wegen der immensen Investitionen in Zeiträumen von 30 bis 50 Jahren. Wenn wir aber schon in gut 25 Jahren klimaneutral sein wollen, bleibt für eine Amortisation schlicht nicht mehr genug Zeit. Öl und Gas werden deshalb auf absehbare Zeit knapp und teuer bleiben. Ein großes Problem für Europa, weil wir das meiste importieren müssen. Kein Problem für die USA, die Selbstversorger mit Energie sind. Vorerst bleiben deshalb amerikanische Aktien und Anleihen erste Wahl.

Unser Autor leitet die Vermögensabteilung von HSBC Deutschland in Düsseldorf. Er wechselt sich hier mit den beiden Wirtschaftsprofessoren Ulrike Neyer und Justus Haucap ab.

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