Geld und Leben Die „Gierflation“ trifft vor allem die Reichen

Meinung | Düsseldorf · Die höchsten Unternehmensgewinne machen derzeit die Hersteller von Luxuswaren. Ganz vorne steht der französische Konzern LVMH, der mehr wert ist als jedes deutsche Unternehmen.

 Euro-Geldscheine (Symbolfoto).

Euro-Geldscheine (Symbolfoto).

Foto: dpa/Jens Büttner

Auch wenn das Schlimmste wohl schon hinter uns liegt – gefühlt wird weiter alles immer teurer. Dabei hatten wir anfangs noch Verständnis für die Unternehmen, deren Einkaufspreise mit atemberaubendem Tempo in die Höhe schossen. Im vergangenen Jahr erreichte der Wert in Deutschland fast 50 Prozent, den höchsten Stand seit Einführung der D-Mark. Wer unter solchen Bedingungen überleben will, muss seine Verkaufspreise deutlich anheben. Zuletzt mehrten sich aber Stimmen, die Unternehmen überzogene Verteuerung vorwerfen. Das neue Wort „Gierflation“ macht die Runde. Der Verdacht: viele nutzen die Bewegung im Preisgefüge, um ihre Margen auszubauen und den Gewinn zu steigern.

Was ist dran? Schauen wir auf die börsennotierten Unternehmen in Europa, so sprechen die Zahlen eine andere Sprache. Insgesamt dürften die Gewinne in diesem Jahr nur stagnieren – allerdings mit großen Unterschieden zwischen den Branchen. Ein deutliches Minus etwa weisen die Öl- und Gas-Produzenten auf, denn dort sind die Preise bekanntlich kräftig gefallen. Andere profitieren eher zufällig, wie die Banken. Sie bekommen ihren wichtigsten Preis, nämlich den Zins, weitgehend von der EZB verordnet. Haben sie wie derzeit nur geringe Abschreibungen auf Kredite, klettern die Gewinne kräftig.

Die erfolgreichsten Unternehmen zeichnen sich aber durch besondere Geschäftsmodelle aus – so Mercedes mit seiner Konzentration auf margenstarke Modelle oder Apple und Microsoft durch geschickte Absatzpolitik. Und am besten schneiden diejenigen ab, denen Zufall und Strategie gleichzeitig helfen. Bestes Beispiel ist der französische Luxus-Konzern LVMH, der jetzt von der Wiederbelebung in China profitiert. Als erstes europäisches Unternehmen überhaupt konnte er die Marke von einer halben Billion US-Dollar Börsenwert knacken. Im Vergleich dazu tun sich Anbieter des Grundbedarfs deutlich schwerer. Anders gesagt: wenn es Gierflation gibt, trifft sie vor allem den Luxusbereich. Und das ist weder neu noch ein Grund zur Beunruhigung.

Unser Autor leitet die Vermögensabteilung von HSBC Deutschland in Düsseldorf. Er wechselt sich hier mit den beiden Wirtschaftsprofessoren Ulrike Neyer und Justus Haucap ab.

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