Brüssel Für Griechenland rückt die Umschuldung näher

Brüssel · Anleger ziehen die Zahlungsfähigkeit Griechenlands immer mehr in Zweifel. Athen soll die EU und den Internationalen Währungsfonds (IWF) um Umschuldung gebeten haben. Trotz aller Dementis der Politik reagierten die Märkte nervös. Die Kurse griechischer Staatsanleihen gerieten noch stärker unter Druck. Der Euro fiel um mehr als zwei Cent.

Wie groß wird das Rettungspaket?

Die EU hat vor knapp einem Jahr ein 80 Milliarden-Euro-Paket für Athen geschnürt, wovon Deutschland gut 22 Milliarden trägt. Die Kredite gewährt die bundeseigene KfW. Hinzu kommen 30 Milliarden Kredithilfe vom IWF, von dem Deutschland knapp sechs Prozent finanziert. Im Gegenzug muss Athen strikte Auflagen erfüllen. Erst am Freitag hatte Regierungschef Giorgos Papandreou angekündigt, dass 2011 zusätzlich drei Milliarden Euro und bis 2015 weitere 23 Milliarden Euro gespart werden. 50 Milliarden Euro sollen bis 2015 durch Privatisierung in die Kasse fließen.

Wieso droht Zahlungsunfähigkeit?

Das Rettungspaket von EU und IWF läuft über drei Jahre. Das bedeutet: Die Griechen müssten 2012 rund 26,7 Milliarden Euro neu bei privaten Investoren aufnehmen. Das gilt angesichts der hohen Zinslasten als unmöglich. Das Land sitzt auf einem Schuldenberg von 340 Milliarden Euro. Bis 2013 dürfte dieser auf 160 Prozent der Wirtschaftsleistung anwachsen und wäre fast doppelt so hoch wie das Niveau, das Experten als tragbar ansehen. Wegen des Sparprogramms schrumpft zudem die griechische Wirtschaft 2011 weiter – um etwa drei Prozent.

Welche Auswege gibt es?

Die griechische Regierung könnte mit ihren Gläubigern einen Forderungsverzicht aushandeln. Experten gehen davon aus, dass mindestens 40 bis 50 Prozent der Verbindlichkeiten gestrichen werden müssen, damit das Land wieder auf die Füße kommt.

Welche Gefahren birgt die Lösung? Die Griechen haben Staatsanleihen über fast 300 Milliarden Euro ausgegeben. Gläubiger sind vor allem Banken aus Griechenland und anderen Euro-Ländern, denen milliardenschwere Verluste drohen. Das könnte schlimmstenfalls eine neue Finanzkrise auslösen.

Was heißt das für Deutschland?

Deutschland trägt die Hauptlast der Hilfskredite und ist der größte Anteilseigner der Europäischen Zentralbank, die Griechen-Bonds im Wert von geschätzt 40 Milliarden Euro aufgekauft hat. Zudem haben deutsche Banken direkt gegenüber den Griechen Forderungen von rund 32 Milliarden Euro.

Was ist noch denkbar?

Eine mildere Form der Umschuldung wäre eine längere Laufzeit der vom IWF und der EU gewährten Hilfskredite, verbunden mit einer erneuten Absenkung des Zinssatzes. Denkbar sind auch neue Kredite. Der Euro-Schirm EFSF wäre dafür groß genug: Er verfügt über 250 Milliarden Euro Kreditvolumen, das auf 440 Milliarden erhöht wird.

Was ist mit Portugal?

Die Verhandlungen über ein Hilfspaket von rund 80 Milliarden Euro sollen bis Mitte Mai abgeschlossen sein. Jetzt droht aber eine Blockade. Denn in Finnland haben die Rechtspopulisten bei der Parlamentswahl stark zugelegt. Sie sind gegen Rettungs-Pakete für Pleite-Kandidaten. Sollten sie an der Regierung beteiligt werden, könnte Helsinki die Hilfen in Brüssel blockieren. Denn der Rettungsschirm darf nur zahlen, wenn die EU-Mitglieder dies einstimmig mittragen.

(RP)
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