Reales Umsatzminus erwartet Für den Handel wird es auch 2023 schwierig

Düsseldorf · Die hohe Inflation bereitet Sorge. Sie lässt vom auf dem Papier bestehenden Umsatzplus wenig übrig. Immer noch macht mehr als die Hälfte aller Einzelhändler keinen Umsatz über das Internet.

Menschen flanieren über die Königsallee in Düsseldorf.

Menschen flanieren über die Königsallee in Düsseldorf.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Trotz vermutlich sinkender Inflationszahlen wird der deutsche Einzelhandel das Jahr 2023 nach eigener Einschätzung mit einem preisbereinigten Minus beenden. Der Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), Alexander von Preen, erwartet für das laufende Jahr eine nominale Umsatzsteigerung um zwei Prozent auf  644,5 Milliarden Euro, real aber einen Rückgang um rund drei Prozent. Ein Minus in ähnlicher Größenordnung hat es laut HDE-Chefvolkswirt Olaf Roik zuletzt 2009 mit damals 3,3 Prozent gegeben. Das sei aber in Zeiten der Bankenkrise gewesen und mit der heutigen Situation nicht zu vergleichen, erklärte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Zwar bleibt der Onlinehandel in Deutschland mit einem Plus von nominal acht und real vier Prozent ein Wachstumstreiber, aber auch das ändert nichts an der eher pessimimistischen Prognose. Stationär bleibt der Schätzung zufolge nominal gerade mal ein Plus von 1,1 Prozent, das sich aber durch die Inflation in ein Vier-Prozent-Minus verkehren könnte.

Für den Handel bleibt die Lage schwierig. Nicht nur wegen der aktuellen Preissteigerungsraten, auch immer noch wegen gestörter Lieferketten. Und Corona wirkt nach. In den vergangenen zwei Jahren haben zwei Drittel aller Händler sinkende Kundenfrequenzen gespürt, mehr als die Hälfte von ihnen hat Gewinneinbußen hinnehmen müssen. Und die Perspektive ist nicht wirklich gut. Die Inflation bleibe hoch – trotz leichter Entspannung. Die Kaufkraft werde dadurch massiv beeinflusst, sagte von Preen. Die Realeinkommen sinken, der Konsum gehe zurück, auch weil die Menschen Geld zurücklegten für das Bezahlen der Nebenkostenabrechnungen, die weitaus höher als früher sein könnten.

Nimmt man unter den Händlern jene Gruppen zusammen, die einen mehr oder weniger starken Rückgang ihrer Erlöse erwarten, kommt man auf die Hälfte aller Unternehmen. Eine Konsequenz: Es werden weitere Standorte im deutschen Einzelhandel wegfallen. Etwa 41.000 sind seit Ausbruch der Corona-Pandemie vor drei Jahren verschwunden, wie Genth sagte. Das reale Minus, das für dieses Jahr erwartet wird, ist deutlich größer als im vergangenen Jahr. Für 2022 meldete der HDE noch eines von nur 0,8 Prozent (nominal plus 7,2 Prozent).

Angesichts der aktuellen Daten und zurückgehender Kundenzahlen in den Innenstädten ist es umso erstaunlicher, dass die Mehrzahl der vom HDE befragten Handelsunternehmen immer noch nicht Waren über das Internet verkauft – weder über eine eigene Website noch über große Plattformen wie Ebay und Amazon. 56 Prozent antworteten auf diese Frage mit Nein.

Obwohl durch die steigende Zahl an Schließungen auch Beschäftigte arbeitslos werden und womöglich für neue Jobs zur Verfügung stünden, klagen fast 63 Prozent der Handelsunternehmen über Arbeitskräftemangel. Gleichzeitig hat die Branche bei aktuell etwa 3,1 Millionen Beschäftigten seit 2019 rund 70.000 sozialversicherungspflichtige Jobs geschaffen, wie von Preen sagte. Darunter seien knapp 30.000 Vollzeitstellen gewesen.

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