Viel Lob für Minister Altmaier Friede, Freude, Industriestrategie

Berlin · Nach heftiger Kritik erntet Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) jetzt überwiegend Lob von den Wirtschaftsverbänden, weil er seine umstrittene Industriestrategie 2030 umgeschrieben hat.

 Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mit der überarbeiteten Fassung seiner „Industriestrategie 2030“.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mit der überarbeiteten Fassung seiner „Industriestrategie 2030“.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will den Industriestandort Deutschland stärken und setzt in seiner überarbeiteten „Industriestrategie 2030“ jetzt vor allem auf die Senkung der Unternehmenssteuern und die Deckelung der Sozialabgaben bei 40 Prozent der Lohnnebenkosten. Um zudem den Ausverkauf deutscher Schlüsseltechnologien an chinesische, amerikanische oder andere ausländische Investoren zu verhindern, schlägt Altmaier nun eine „nationale Rückgriffsoption“ vor. Ein ständiger Staatssekretärsausschuss solle kurzfristig entscheiden können, ob die staatliche Förderbank KfW in Einzelfällen Anteile an deutschen Unternehmen übernimmt, um diese vor ausländischem Einfluss zu schützen. Ein umstrittener staatlicher Beteiligungsfonds für mögliche Anteilskäufe, den Altmaier ursprünglich vorgeschlagen hatte, ist dagegen vom Tisch.

Altmaier hatte im Februar eine erste Version seiner Industriestrategie vorgestellt und sich damit eine Welle der Kritik aus den Wirtschaftsverbänden eingehandelt. Der industrielle Mittelstand kritisierte, er käme bei Altmaier gar nicht vor. Der mächtige Industrieverband BDI und die Unionsfraktion machten vor allem Front gegen Altmaiers Idee eines Staatsfonds, weil der Staat seine Finger von privaten Unternehmen lassen solle. Altmaier wurde sogar unterstellt, er stehe als Wirtschaftsminister nicht fest genug auf dem Boden der sozialen Marktwirtschaft, sondern habe Sympathien für staatsinterventionistische Eingriffe. Die Unionsspitze beauftragte ihren Fraktionsvize Carsten Linnemann, ein eigenes Papier zur Industriepolitik zu schreiben. Und Altmaier wurde unter Druck gesetzt, sein Papier umzuschreiben.

In der neuen Version, die der fröhliche Saarländer am Freitag präsentierte, sind die umstrittensten Teile der ersten Version jetzt nicht mehr enthalten. Altmaier betont nun die Wichtigkeit des industriellen Mittelstands. Er habe sich die Kritik der Mittelstandsverbände „zu Herzen genommen“, sagte Altmaier. Seine Industriestrategie solle insbesondere dem Mittelstand helfen, bei Globalisierung und Digitalisierung zu bestehen. Dazu müssten in erster Linie die Rahmenbedingungen stimmen. In seinem neuen Papier fordert Altmaier eine Senkung der Unternehmenssteuern noch in dieser Legislaturperiode – ein Wunsch, den auch die Bundeskanzlerin in ihrer Bundestagsrede bei der Haushaltsdebatte am Mittwoch aufgegriffen hatte. Die Höhe der Sozialabgaben von derzeit 39,9 Prozent eines Bruttomonatslohns müsse zudem dauerhaft auf unter 40 Prozent begrenzt werden. Der Soli gehöre für alle abgeschafft, nicht nur für 90 Prozent der Steuerzahler. Die Beibehaltung des Solis für die oberen zehn Prozent trifft vor allem Personengesellschaften und damit weite Teile des Mittelstands.

Große Unternehmen wie die Deutsche Bank, Siemens oder ThyssenKrupp, die besonders schützenswert seien, nennt Altmaier jetzt nicht mehr namentlich. Stattdessen konzentriert er sich nun allgemein auf die Hightech-Branchen, für die sich Chinesen und Amerikaner besonders interessieren. Um sie besser vor feindlichen Übernahmen schützen zu können, soll die Außenwirtschaftsverordnung nochmals verschärft werden. Das Wirtschaftsministerium will künftig nicht nur Anteilserwerbe ab zehn Prozent an sicherheitsrelevanten Technologien, sondern auch an „kritischen“ Technologien wie der Robotik, der Künstlichen Intelligenz oder der Biotechnologie verbieten können.

Altmaier beschrieb den Charakter seines Papiers allerdings eher als eine Art Diskussionspapier. Dem Kabinett will er es vorerst nicht vorlegen, so dass aus der Industriestrategie vorerst auch keine Position der gesamten Bundesregierung zu werden scheint. Die Wirtschaftsverbände lobten Altmaier dennoch dafür, dass er nach dem Wirbel um die erste Version seiner Strategie mit ihnen in den Dialog getreten war. „Wir sind sehr erleichtert. Herr Altmaier hat unsere Bedenken nach intensiven Gesprächen verstanden“, sagte etwa der Präsident des Familienunternehmer-Verbands, Reinhold von Eben-Worlée, der zu Altmaiers schärftsten Kritikern gehörte. „Die große Linie stimmt jetzt, zu Umsetzungsdetails gibt es zwar noch Klärungsbedarf. Es ist aber gut, dass sich ein Mitglied des Kabinetts intensiv damit auseinandersetzt, wie sich unsere auf Demokratie und Marktwirtschaft fußende Wirtschaftsordnung im Systemwettbewerb gegen staatlich gelenkten Kapitalismus behaupten kann“, so Eben-Worlée.

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