Jahrelanger Streit beendet Flughafen Düsseldorf soll doch nicht weiter wachsen

Düsseldorf · Acht Jahre lang kämpften Anwohner des Flughafens Düsseldorf gegen die geplante Erhöhung der Kapazitäten. Jetzt ist das Projekt praktisch vom Tisch, aber das Management hätte gerne mehr Flexiblität.

 Der Düsseldorfer Flughafen hat seine Wachstumspläne beerdigt.

Der Düsseldorfer Flughafen hat seine Wachstumspläne beerdigt.

Foto: dpa/David Young

Paukenschlag am Flughafen Düsseldorf: Der Aufsichtsrat schlägt auf Anregung des Managements vor, dass auf den seit acht Jahren umstrittenen Antrag auf eine Kapazitätserweiterung weitgehend verzichtet werden soll. Es soll dabei bleiben, dass in den verkehrsreichsten sechs Monaten des Jahres maximal 131.000 Flüge abgefertigt werden dürfen.* Dies haben die Anteilseigner abgesegnet, erklärt der Airport. Die Eigentümer sind gleichberechtigt die Stadt Düsseldorf und eine private Investorengruppe. Allerdings wird der bisherige Antrag nicht zurückgezogen sondern so geändert, dass er „smartes Wachstum“ erlauben soll. Damit ist eventuell insbesondere gemeint, dass Start- und Landezeiten flexibler verschoben werden können, wovon Passagiere durch weniger Verspätungen profitieren könnten.

 Die Chefs des Düsseldorfer Flughafens Lars Redeligx (rechts) und Pradeep Pinakatt.

Die Chefs des Düsseldorfer Flughafens Lars Redeligx (rechts) und Pradeep Pinakatt.

Foto: Flughafen Düsseldorf/fotografie giulio coscia

„Seit der ursprünglichen Antragstellung im Jahr 2015, als DUS noch Air Berlin Hub war, hat sich die Welt stark verändert. Die Corona-Pandemie hat strukturelle Veränderungen im Luftverkehr mit sich gebracht, deren Auswirkungen sich erst heute verlässlich einordnen und bewerten lassen. Unter diesem Blickwinkel haben wir das laufende Planfeststellungsverfahren neu bewertet“, sagt Lars Redeligx, Vorsitzender der Flughafengeschäftsführung. „Im Ergebnis haben wir uns dazu entschlossen, einen Änderungsentwurf zu unserem Antrag vorzulegen, der den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung trägt. Wir setzen darin auf ein smartes Wachstum innerhalb der bestehenden Kapazitätsgrenzen.“

Werner Kindsmüller, Sprecher der Bürgerinitiative Kaarster gegen Fluglärm, ist begeistert: „Unser jahrelanger Einsatz hat sich gelohnt. Die völlig überzogenen Wachstumspläne des Flugplatzes sind vom Tisch.“ Er will aber genau überprüfen, was der Flughafen nun will: „Auf keinen Fall darf es mehr Spätlandungen geben.“

Offensichtlich haben mehrere Faktoren den Ausschlag für die Wende gegeben. Erstens sind die früheren Wachstumserwartungen erst einmal in sich zusammengebrochen, weil die Pandemie sowieso zu viel weniger Flügen als früher erwartet geführt hat. Insbesondere innerdeutsche Flüge haben massiv abgenommen, was Redeligx selber sagt: „Deutschland ist bei der Rückkehr auf das Vorkrisenniveau im Luftverkehr eines der Schlusslichter in Europa. Ein Grund hierfür ist der Wegfall vieler innerdeutscher Flüge – auch vor dem Hintergrund des Klimaschutzes, der enorm an Bedeutung gewonnen hat.“

Zweitens hat der neue NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) dem Management des Airports seit Monaten mitgeteilt, dass es höhere Kapazitäten nur geben könne, wenn es andere Zugeständnisse wie eventuell eine deutlich rigidere Nachtflugregelung gibt. Redeligx räumt den Druck der Politik indirekt ein. Er sagt, es hätten „voraussichtlich weitere Einschränkungen bei den in Düsseldorf ohnehin bereits sehr restriktiven Betriebsregelungen“ gedroht, wenn er am Ziel höherer Kapazitäten festgehalten hätte.

Die große Frage ist nun, was das Management nun wirklich mit smartem Wachstum meint. Man wolle „innerhalb der bereits heute genehmigten Kapazität flexibel wachsen“, so Redeligx. „Das erreichen wir durch die Verschiebung von Bewegungskontingenten zugunsten des Linien- und Charterverkehrs. So optimieren wir bedarfsgerecht die Auslastung für mehr Mobilität in der Region und benötigen keine Betriebsgenehmigung für zusätzliche Starts und Landungen. Das bedeutet eine verlässliche Kapazitätsobergrenze für die Anwohner. Gleichzeitig brauchen wir bei der Abwicklung des Flugverkehrs ein adäquates Maß an Flexibilität und wettbewerbsfähige Betriebsregeln – selbstverständlich unter Wahrung des Angerland-Vergleichs.“

Indirekt deutet die Formulierung auch daraufhin, man wolle weniger Flüge von Privatjets. Außerdem sei geplant, mehr große Jets einzusetzen, um ohne ein großes Wachstum an Flügen mehr Passagiere zu transportieren.

Der in Essen lebende Pradeep Pinakatt, kaufmännischer Geschäftsführer und Arbeitsdirektor des Flughafens, ergänzt: „Mit unserem Ansatz des smarten Wachstums bringen wir drei zentrale Punkte miteinander in Einklang. Das sind zum einen die Zukunftsperspektive für unser Unternehmen sowie für die am Flughafen beschäftigten Menschen und die Region Rhein-Ruhr. Zum anderen sind es die stabilen operativen Rahmenbedingungen für die Fluggesellschaften hier am Standort und natürlich auch die Interessen unserer Anwohner bzw. der Schutz der Umwelt.“

*In der ersten Fassung des Beitrages waren wir noch davon ausgegangen, dass auch die Obergrenze von 47 Flugbewegungen pro Stunde bleiben soll statt durch eine Obergrenze von 60 ersetzt zu werden, weil der Airport allgemein mitgeteilt hatte, keine höheren Kapazitäten zu planen. Tatsächlich strebt er wie im alten Antrag an, pro Stunde maximal 60 Flugbewegungen erlaubt zu kriegen.

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