Brüssel Finanzminister geben Milliarden-Hilfe für Athen frei

Brüssel · Obwohl Athen seine Reformziele nicht erreicht hat, soll es 6,8 Milliarden bekommen. Auch die Notenbanken sollen nun zahlen.

Trotz einer durchwachsenen Reformbilanz kann Griechenland auf Kredite von 6,8 Milliarden Euro aus dem laufenden Hilfsprogramm rechnen. Die Mittel sollen jedoch in Raten fließen – und an Reformen geknüpft werden. Das haben die Euro-Finanzminister gestern beschlossen. Der erste Teilbetrag von 2,5 Milliarden wird noch im Juli ausgezahlt, wenn Athen bei der Verschlankung des öffentlichen Dienstes vorankommt.

Auch die Zentralbanken im Euro-Raum, darunter die Deutsche Bundesbank, sollen 1,5 Milliarden Euro beisteuern, so dass Athen auf vier Milliarden Euro bis Monatsende hoffen kann. "Griechenland muss weitere Arbeit erledigen", betonte Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Die Regierung in Athen müsse noch im Juli 4200 Staatsdiener in eine Transfergesellschaft versetzen, erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) will Griechenland im August nach Prüfung der Fortschritte 1,8 Milliarden Euro überweisen. Der zweite Teilbetrag der Eurozone von 500 Millionen Euro soll im Oktober folgen. Die Zentralbanken im Eurosystem wollen dann noch einmal 500 Millionen Euro beisteuern. Das Geld stammt aus Zinsen, die die Europäische Zentralbank (EZB) für die von ihr angekauften Staatsanleihen erhalten hat. In der Ministerrunde hatten Frankreich und Österreich zur Eile gemahnt. "Die Griechen brauchen Ende August eine größere Menge Geld, um Anleihen zurückzuzahlen", mahnte die Wiener Finanzministerin Maria Fekter.

Die Troika aus EU, EZB und IWF hatte der Runde zuvor ihren jüngsten Kontroll-Bericht präsentiert. Das Ergebnis: Athen hat erneut nicht alle Spar- und Reformziele erreicht. "Es gibt zwar weiterhin wichtigen Fortschritt, aber die Umsetzung der Politik hinkt in einigen Bereichen hinterher", so die Prüfer. Die angepeilten Privatisierungserlöse von 2,6 Milliarden Euro in diesem Jahr scheinen unerreichbar, nachdem der Verkauf des nationalen Gasversorgers an den russischen Konzern Gazprom geplatzt ist. Auch der Stellenabbau im Öffentlichen Dienst kommt nicht voran. Die griechische Regierung hatte den Geldgebern zugesagt, 15 000 Stellen bis Ende 2014 zu streichen, 4000 davon in diesem Jahr. Eine für Juni geplante erste Entlassungswelle war aber verschoben worden, weil Regierungschef Antonis Samaras Streiks in der Touristen-Hochzeit meiden wollte. Nun sollen bis Ende September 12 500 Staatsdiener in eine Beschäftigungsreserve versetzt werden. Dort erhalten sie 75 Prozent ihrer Bezüge und haben acht Monate Zeit, sich einen neuen Job zu suchen.

Die Stimmung im Land ist aufgeladen. Der Athener Bürgermeister Giorgos Kaminis war zuvor von demonstrierende Stadtangestellte angegriffen worden. Sie schlugen ihn, bevor er auf einem Motorroller entkommen konnte.

Griechenland rutscht derweil tiefer in die Deflation. Im Juni seien die Verbraucherpreise erneut gegenüber dem Vorjahr gesunken, und zwar um 0,4 Prozent, teilte die Statistikbehörde mit. Eine Deflation verschärft die Wirtschaftskrise eines Landes, da Verbraucher und Betriebe Ausgaben hinauszögern.

(RP)
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