Euro steckt in "systemischer Krise" Wirtschaftsweise warnen vor "übereilter" Bankenunion

Wiesbaden/Berlin · Immer mehr kritische Stimmen melden sich zu den EU-Gipfelbeschlüssen der letzten Woche. Nun gerät die angestrebte bankenunion in den Fokus. Die europäische Schuldenkrise darf nach Ansicht der fünf Wirtschaftsweisen nicht zur "übereilten Einführung einer Bankenunion führen".

Juni 2012 - die Ergebnisse des EU-Gipfels
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Foto: dpa, Ciro Fusco

Außerdem dürften nur dann Hilfen an notleidende spanische Banken fließen, wenn "klare Kriterien zur Rekapitalisierung und Restrukturierung" befolgt würden, schreibt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, so der offizielle Name des Beratungsgremiums der Bundesregierung, in einem am Freitag verbreiteten Sondergutachten. Diese würden aber "auf absehbare Zeit nicht erfüllt".

Auch der EU-Gipfel Ende vergangener Woche habe den "Teufelskreis aus Bankenkrise, Staatsschuldenkrise und makroökonomischer Krise nicht durchbrochen", schreiben die Ökonomen weiter. Sie schlagen deshalb die Schaffung eines zeitlich befristeten Schuldentilgungspakts vor. Zudem müsse die Aufsicht dringend reformiert werden, um Finanzinstitute abzuwickeln.

Das Bundesfinanzministerium erklärte am Freitagabend, man nehme das Gutachten zur Kenntnis. Die Äußerungen etwa zum Altschuldenfonds seien im Wesentlichen Konkretisierungen vorheriger Vorschläge.

Im Hinblick auf den Aufbau einer Bankenunion seien "Denkanstöße und Lösungsvorschläge des Sachverständigenrats immer hilfreich und interessant", sagte ein Sprecher auf dapd-Anfrage. Es herrsche völlige Übereinstimmung, dass Haftung und Kontrolle zusammen gehören. "Es gilt, diese Vorschläge im Detail zu prüfen und da wo möglich in die Diskussion auf der europäischen Ebene einzubringen."

Hier tut Eile not: Denn die Sachverständigen betonen in ihrem Gutachten, dass der Euro durch die Schuldenkrise in einer "systemischen Krise" stecke. Es sei eine Situation entstanden, "die den Fortbestand der gemeinsamen Währung und die ökonomische Stabilität Deutschlands gleichermaßen gefährdet".

Das Gremium berät mit seinen Gutachten die Bundesregierung, unter anderem mit einer jährlichen Untersuchung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Herbst. Ihm gehören die fünf Volkswirte Wolfgang Franz, Peter Bofinger, Christoph M. Schmidt und Claudia M. Buch an.

(APD)
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