Diskussion um gemeinsame Staatsanleihen Was Eurobonds bringen - und was nicht

Brüssel/Berlin (RPO). Die einen befürworten sie, die anderen lehnen sie kategorisch ab: Euro-Bonds. Seit die Märkte in den vergangenen Wochen wieder aus dem Ruder geraten sind, wird in Europa wieder heftig über die Einführung der gemeinsamen Staatsanleihen diskutiert. Doch was würde diese Maßnahme überhaupt bringen? Und wo liegen die Nachteile?

Zuletzt war es der italienische Finanzminister Giulio Tremonti, der die Einführung von Eurobonds gefordert hatte. Kein Wunder, drückt doch das Land eine enorme Schuldenlast. Es gehört zu jenen Sorgenkindern der EU, für die - für den Notfall - der Euro-Rettungsschirm geschaffen wurde. Doch gerade die deutsche Regierung, die immer wieder eine Führungsrolle auf EU-Ebene einnimmt, werden die Eurobonds kritisch gesehen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble etwa hatte erst am Wochenende dem "Spiegel" gesagt, es gebe keine Vergemeinschaftung von Schulden und es werde "keinen unbegrenzten Beistand" geben. Auch FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler lehnt die gemeinsamen Staatsanleihen ab. Und nach Einschätzung des Finanzpolitikers Frank Schäffler im Bundestag wird die FDP auch dann gegen die Einführung von Eurobonds stimmen, wenn die Bundeskanzlerin und die Unionsfraktion dafür wären.

"Ich habe keinen Zweifel daran, dass die FDP Eurobonds im Bundestag nicht zustimmen wird", sagte Schäffler unserer Redaktion. "Sollte die Kanzlerin die Eurobonds wollen, wird sich die FDP dagegen stellen", sagte Schäffler. Dazu gebe es eine eindeutige Beschlusslage der FDP. "Wer Eurobonds durchsetzen will, der bricht gegebenenfalls die Koalition", so Schäffler. Die Schuld läge in diesem Fall nicht bei der FDP. "

Achterbahnfahrt an den Börsen

Doch warum wollen plötzlich so viele Länder - auch Frankreich - diese gemeinsamen Staatsanleihen? Es ist die Angst vor einem Auseinanderbrechen der europäischen Union und der Befürchtung, dass der Euro-Rettungsschirm nicht ausreichen könnte. Denn egal, welche Beschlüsse die EU fasst, die Märkte lassen sich nicht beruhigen.

Das hat vor allem die vergangene Woche gezeigt, als es Gerüchte darüber gab, dass Frankreich seine Bestnote im Rating verlieren könnte und die Börsen daraufhin Achterbahn fuhren. Allerdings wird das Thema am Dienstag nicht auf der Agenda stehen, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy zusammentrifft.

Dass die Bundesregierung - im Gegensatz zu Oppositionspolitikern - die Euro-Bonds ablehnt, hat vor allem zwei Gründe. Der erste ist der Zinssatz, der vermutlich für Deutschland höher liegen würde als bislang. Denn bislang hat jedes EU-Land eigene Staatsanleihen und muss dafür auch Zinsen zahlen. Steht ein Staat schlecht da, dann muss es auch mehr berappen.

In Deutschland etwa lagen die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen am Montag bei 2,34 Prozent. Für italienische Staatspapiere waren dagegen 5,02 Prozent zu berappen, für spanische 4,99 Prozent. Gibt es plötzlich gemeinsame Staatsanleihen, findet quasi ein Austausch statt. Denn dann würden alle Staaten für die Schuldenlast der jeweils anderen aufkommen.

Ein einheitlicher Zinssatz

Konkret bedeutet das, dass der Zinssatz für die verschuldeten Länder sinken würde und sie besser Chancen hätten, neue Kredite aufzunehmen. Für starke Länder wie Deutschland hieße das, höhere Zinskosten zu tragen. Somit müsste abgewogen werden, was die Bundesrepublik mehr fürchtet: ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone mit allen möglichen Folgen wie einer um sich greifenden Rezession oder höhere Zinskosten.

Da jedoch aufgrund der beschlossenen Schuldenbremse die Neuverschuldung in Deutschland gen Null sinken soll, verlöre das Zinsargument an Bedeutung. Denn dann würde es nur noch für Altschulden gelten, wenn diese verlängert würden.

Viel problematischer ist dann schon Grund Nummer zwei: die Haftung. Wie bereits erwähnt, müssten - wenn ein Staat seine Schulden nicht mehr tilgen kann - alle anderen Länder mit einspringen. Beim Rettungsschirm gilt das dagegen nur für den Anteil, den die Bundesregierung bereit gestellt hat. Auch aus diesem Grund plädieren einige dafür, die Euro-Bonds nur auf einen Teil des Bruttoinlandsproduktes zu beschränken. Ob das dann aber die Märkte beruhigen würde, steht auf einem anderen Blatt.

Das Hauptargument der Euro-Bonds-Gegner ist aber das, dass den Schuldenstaaten der Anreiz genommen werde, zu sparen. Schließlich hätten sie plötzlich einen viel geringeren Zinssatz, obwohl sie vorher schlechter gewirtschaftet haben. Genau das könnte letzlich das Todschlagargument für die gemeinsamen Staatsanleihen sein, denn gerade das Beispiel Griechenland hat gezeigt, dass Staaten gern mal andere Zahlen präsentiert haben, als es der Realität entsprach. Und das alles nur, um in die EU zu kommen, die jetzt darum zittert, nicht auseinanderzubrechen.

(mit Agenturmaterial)
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