Kredithebel versus Banklizenz Streit mit Paris lähmt EU-Gipfel

Berlin (RP). Frankreich will, dass der Rettungsfonds eine Banklizenz bekommt. Deutschland lehnt das wegen der Inflationsgefahr ab und setzt auf den Kredithebel. Deshalb wird nun aus dem für Sonntag geplanten Gipfel ein Gipfelchen. Europas Banken brauchen 100 Milliarden Euro frisches Kapital.

Das sind die Instrumente zur Euro-Rettung
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Foto: dpa

Die Börsen reagierten prompt. Kaum war die Meldung durchgesickert, dass Deutschland und Frankreich sich weiter über die Euro-Rettung streiten, sank der Dax um zwei Prozent. Der Euro fiel um zwei Cent auf 1,36 Dollar. Der Streit geht so weit, dass nun der für Sonntag geplante Gipfel der EU-Regierungschefs nichts mehr entscheiden sondern nur noch informeller Natur sein soll, wie es am Donnerstagabend in Berliner Regierungskreisen hieß. Bis Mittwoch soll dann alles doch verabschiedet werden.

Frankreich dringt in den Verhandlungen offenbar weiter darauf, dass der Euro-Rettungsschirm EFSF eine Banklizenz erhält. Damit könnte er im großen Stil Staatsanleihen von Krisen-Staaten kaufen, diese wie jede andere Bank bei der Europäischen Zentralbank (EZB) hinterlegen und dafür von ihr Kredite bekommen. Die Staatsschulden würden so indirekt über die Notenpresse in Frankfurt finanziert — und zwar in hohem Maße, schließlich kann der Fonds mindestens 440 Milliarden Euro bewegen.

Ein Fonds von 200 Milliarden Euro

Dadurch wüchse die Inflationsgefahr in Europa, zudem lägen die Risiken der Kreditausfälle bei der EZB. Folglich ist Deutschland auch strikt dagegen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schloss am Donnerstag kategorisch aus, dass sich der Krisenfonds EFSF weitere Geldmittel über die EZB beschafft: "Das steht nicht zur Diskussion", sagte Schäuble.

Die Idee, den EFSF mit einer Banklizenz zu versehen, war aus Berliner Sicht eigentlich längst nicht mehr Gegenstand der Verhandlungen. Doch bei seiner Stippvisite am Mittwochabend in Frankfurt soll sich Präsident Nicolas Sarkozy erneut für diesen Weg starkgemacht haben.

Deutschland dringt dagegen auf eine Versicherungslösung. Ein Teil des Fonds — die Rede ist von 200 Milliarden Euro — könnte genutzt werden, um privaten Investoren eine Kreditausfall-Versicherung anzubieten. So könnte der Fonds Banken und Versicherungen anbieten, 20 Prozent ihrer Forderungen zu erstatten, falls ein Land zahlungsunfähig wird. Dadurch sollen Investoren motiviert werden, mehr Anleihen als bisher von Krisenstaaten zu kaufen, ihnen also mehr Kredite zu geben. Berlin hofft, mit diesem Kredithebel bis zu zwei Billionen Euro mobilisieren zu können.

Nötig wird der Kredithebel, weil zunehmend auch größere Länder der Euro-Zone wie Spanien und Italien in Schwierigkeiten geraten. Der Rettungsschirm ist mit seinem Kreditvolumen von 440 Milliarden Euro aber zu klein, um auch diese Länder aufzufangen.

Trittin verlangt Bundestagsbeschluss

Großen Unmut über die Bundesregierung gab es im Bundestag. "Wir sind verwundert darüber, dass die zentrale Frage, ob das Volumen des Rettungsfonds durch eine Hebelung vervielfacht werden soll, offensichtlich dem Bundestag nicht vorgelegt wird", sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin unserer Redaktion. "Wie auch immer diese Hebelung aussieht, sie vergrößert das Risiko für Deutschland. Wir erwarten von der Kanzlerin, dass sie den Bundestag in dieser Frage um ein Votum bittet, bevor sie auf einem Gipfel Zusagen macht." Die Regierung wollte bisher jedoch nur den Haushaltsausschuss darüber entscheiden lassen.

Der EU-Gipfel soll sich am Sonntag auch mit der notwendigen Rekapitalisierung der Banken befassen. Viele Institute brauchen zusätzliches Eigenkapital, um die Abschreibungen auffangen zu können, die auf griechische Anleihen drohen. Ein Blitztest der Europäischen Bankenaufsicht hat ergeben, dass Europas Banken insgesamt 100 Milliarden Euro benötigen, wie Österreichs Finanzministerin Maria Fekter am Donnerstag sagte. Deutsche Institute brauchen demnach fünf Milliarden Euro.

(RP)
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