Moody's warnt Paris vor Herabstufung Sorge um Frankreich überschattet Euro-Gipfel
Paris (RPO). Wenige Tage vor dem entscheidenden Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs wächst die Unsicherheit über eine Lösung der Schuldenkrise. Die Ratingagentur Moody's warnte Frankreich, es drohe ohne entschlossenen Sparkurs seine Bestnote "AAA" verlieren.
Sollte der nach Deutschland zweitwichtigste Pfeiler der Euro-Zone ins Wanken geraten, stünde die Währungsunion vor dem Aus.
Der Entscheidungsspielraum von Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Krisengipfel am Sonntag wird stark begrenzt, da die Regierungsfraktionen vorab die Marschrichtung besprechen wollen. In Berlin pochte nun zudem die CSU-Fraktion auf Mitsprache bei den Detailbeschlüssen zum Euro-Rettungsfonds EFSF.
Merkel hatte die Erwartungen an den Gipfel ohnehin gedämpft. Auch das 14. Spitzentreffen seit Ausbruch der Schuldenkrise Anfang 2010 soll noch keine durchgreifende Lösung bringen.
Die Euro-Länder sollen nach einem Vorschlag der EU-Kommission gleichzeitig über die weitere Unterstützung für Griechenland, die damit zusammenhängende Stärkung der Banken, die genauen Instrumente ihres Rettungsfonds EFSF, eine engere Koordination ihrer Wirtschaftspolitik und Impulse für mehr Wachstum entscheiden.
In der Unionsfraktionssitzung sagte Merkel laut Teilnehmern, sie erwarte den Beschluss eines Arbeitsplans für Griechenland. Sollte es zu einem Schuldenschnitt kommen, müsste über eine Einschränkung seiner Souveränität gesprochen werden, etwa durch die Einsetzung einer permanenten Troika, um das Land beim Sparen zu überwachen. Sie erwarte vom Gipfel außerdem grünes Licht dafür, ein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof für notorische Defizitsünder zu schaffen.
Zudem regte Merkel den Teilnehmern zufolge einen zeitlich und thematisch beschränkten Konvent der EU-Staaten zur Änderung der EU-Verträge an. Ziel müsse sein, einer Stabilitätsunion näherzukommen und dafür die Voraussetzungen zu schaffen.
Frankreich im Visier
Im Kampf gegen die Schuldenkrise könnte Euro-Schwergewicht Frankreich zur Schwachstelle werden. Moody's drohte damit, den Ausblick für die Kreditwürdigkeit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Währungsunion auf negativ zu setzen, was in ein bis zwei Jahren eine Herabstufung bedeuten könnte. Die Agentur begründete dies mit möglichen Belastungen durch Hilfen für die heimischen Banken oder andere Euro-Zonen-Länder.
Die Moody's-Warnung löste an den Börsen Kursverluste und einen kräftigen Zinsanstieg französischer Staatsanleihen aus. Fällt Frankreichs "AAA", wäre der Beitrag des Landes zum Rettungsschirm EFSF in Gefahr. Das gesamte Konstrukt sei in seiner jetzigen Form dann nicht mehr haltbar, sagte der Chef des Centrums für Europäische Politik (CEP), Lüder Gerken, der "Rheinischen Post".
Die Regierung in Paris betonte, das Rating des Landes sei nicht in Gefahr. Finanzminister Francois Baroin sagte dem TV-Sender France 2, sein Land sei bei der Verabschiedung von Maßnahmen zum Defizitabbau dem Zeitplan sogar voraus.
Allerdings räumte er ein, die Wachstumsprognose für 2012 sei mit 1,75 Prozent "wahrscheinlich zu hoch". Ministerpräsident Francois Fillon hat größere Einsparungen angekündigt. Doch Analysten bezweifeln, dass Präsident Nicolas Sarkozy vor der Wahl im Mai 2012 dazu bereit ist.
Hasselfeldt: kein Hebel für EFSF mit mehr Haftung
Im Streit über eine Hebelung der Mittel des Euro-Rettungsfonds EFSF zeichnet sich EU-Kreisen zufolge als einzige Lösung ein Versicherungsmodell bei der Ausgabe neuer Staatsanleihen ab. Nach dem Konzept würden 20 bis 30 Prozent des Emissionsvolumens neuer Anleihen von Ländern, denen hohe Finanzierungskosten am Markt drohen, vom EFSF gegen Verluste abgesichert. Der Fonds könnte so mit einem Einsatz von beispielsweise 100 Milliarden Euro 300 bis 500 Milliarden Euro Finanzierung etwa für Italien oder Spanien generieren.
Damit wäre eine Bedingung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erfüllt, wonach der Haftungsrahmen Deutschland für den EFSF nicht überschritten werden darf. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt will der Bundeskanzlerin aber dennoch keine freie Hand auf dem Gipfel geben.
Sie besteht auf einer Mitsprache der Fraktionen bei den Leitlinien für den EFSF. Die Beschlüsse seien zu wichtig, um sie nur im Haushaltsausschuss zu besprechen. Merkel sagte in der Fraktion, die Europäische Zentralbank werde an dem Hebel nicht beteiligt.
Deutsche-Bank-Chef Ackermann zu Gesprächen in Brüssel
Frankreichs Banken sind besonders stark in Griechenland engagiert. Die Euro-Länder verhandeln mit den Banken über einen höheren Forderungsverzicht bei dem schon grundsätzlich im Juli beschlossenen zweiten Hilfspaket für Griechenland. Gleichzeitig sollen die Banken notfalls von den Staaten mit mehr Kapital ausgestattet werden, um eine neue Bankenkrise zu verhindern.
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann sprach darüber bereits am Montag in Brüssel mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, der den Gipfel vorbereitet. Als Vorsitzender der internationalen Banken-Lobby IIF führt er die Verhandlungen für die Banken.
Die Analysten der Deutschen Bank rechneten in einer Studie vor, dass mit kleinen Änderungen an dem Rettungspaket Abschreibungen auf Hellas-Bonds von 40 Prozent statt der ursprünglich beschlossenen 21 Prozent möglich wären.
In Griechenland bereiteten die Gewerkschaften einen zweitägigen Generalstreik am Mittwoch und Donnerstag vor gegen die Sparmaßnahmen, die die Regierung für neue Kredite der Euro-Partnerländer durchsetzen will.