Interview mit Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt "Schwarz-Rot ist bessere Lösung"

Berlin · Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt spricht im Interview mit unserer Redaktion über die Anforderungen der Wirtschaft an eine neue Bundesregierung.

 Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hält Schwarz-Rot für die bessere Lösung.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hält Schwarz-Rot für die bessere Lösung.

Foto: dpa, pil fdt lof

Was ist der Wirtschaft lieber: Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün?

Hundt Zunächst: Je schneller wir klare Verhältnisse in Berlin haben, desto besser ist das für die deutsche und europäische Wirtschaft. Eine Koalition mit einer breiten parlamentarischen Mehrheit in Bundestag und Bundesrat ist mit Blick auf die anstehenden Herausforderungen wie die Staatsschuldenkrise, die Energiewende und die Wiederherstellung der Tarifeinheit meines Erachtens die bessere Lösung.

Was muss die Regierung tun, um den Strompreisanstieg zu bremsen?

Hundt Wir müssen die Subventionierung der erneuerbaren Energien zurückfahren. Auch der Einspeisevorrang bei Neuanlagen für regenerative Energien muss gestoppt werden. Die Ökostrom-Umlage steigt 2014 erneut um fast zwanzig Prozent. Das darf so nicht weitergehen. Die Energiewende wirtschaftlich zu gestalten muss ein zentrales Projekt der neuen Regierung sein. Wenn es uns nicht gelingt, weitere Strompreiserhöhungen auszuschließen, führt dies zu einer Deindustrialisierung, die uns Wachstum und Wohlstand kosten wird. Im Stillen findet dies bereits statt.

Wie würde sich ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde auf die Beschäftigung auswirken?

Hundt Ich lehne einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro entschieden ab, weil er für die Schwächsten am Arbeitsmarkt den Einstieg in Arbeit erschwert. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich für Langzeitarbeitslose, Jugendliche und Gering Qualifizierte bei uns anders als bei vielen unserer europäischen Nachbarn auch deshalb verbessert, weil wir keinen gesetzlichen Mindestlohn haben. Das Ifo-Institut sieht bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde 1,2 Millionen Arbeitsplätze gefährdet. Andere Forschungsinstitute kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Sicher ist auf jeden Fall eines: Ein gesetzlicher Mindestlohn wirkt in der Tendenz arbeitsplatzreduzierend, vor allem im Osten.

Wie wollen die Arbeitgeber gegen immer mehr Niedriglöhne vorgehen?

Hundt Wir können noch mehr regionale und branchenspezifische Mindestlöhne vereinbaren. Zuletzt wurden entsprechende Tarifverträge für das Friseurhandwerk abgeschlossen. Wir unterstützen derzeit die Bemühungen der Tarifpartner in der Fleischindustrie, einen branchenbezogenen Mindestlohn einzuführen, der auch ausländische Werkvertragspartner erfasst. Dies lässt sich über eine Erweiterung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder nach geltendem Recht bereits heute mit Hilfe des Mindestarbeitsbedingungengesetzes regeln.

Könnte die Wirtschaft mit einer Mindestrente für Geringverdiener von 850 Euro monatlich leben?

Hundt Die Rentenversicherung lebt von Versicherungsbeiträgen. Die staatliche Grundsicherung ist demgegenüber steuerfinanziert. Ich plädiere für eine strikte Trennung zwischen diesen beiden Systemen. Im Übrigen dürfen wir uns von der derzeit günstigen Situation der Rentenversicherung nicht verleiten lassen, neue Leistungen zu beschließen, deren Finanzierung in der Zukunft große Probleme bereitet. Das gilt für alle Sozialleistungen.

Wie wichtig wäre eine Rentenbeitragssenkung zum Jahresbeginn?

Hundt Der Rentenbeitrag muss Anfang 2014 sinken, weil das gesetzlich so vorgeschrieben ist. Ich sehe keinen Grund, davon abzuweichen. Die Reserven in der Rentenkasse sind hoch genug. Wir senken damit unsere Arbeitskosten und schaffen mehr Netto vom Brutto. Ich sehe auch nicht die Gefahr, dass der Beitrag dann bald wieder steigen müsste, wenn die Rentenkasse nicht mit neuen Leistungen belastet wird.

Was hielten Sie von Frank-Walter Steinmeier als Finanzminister?

Hundt Wolfgang Schäuble ist ein hervorragender Bundesfinanzminister. Ich schätze Frank-Walter Steinmeier außerordentlich. Wir haben während seiner Regierungszeit und auch jetzt in der Opposition ein sehr gutes persönliches Verhältnis gepflegt. Über das Personal einer neuen Bundesregierung spekuliere ich nicht. Herr Schäuble und Herr Steinmeier sind zwei herausragende Persönlichkeiten, die in einer neuen Bundesregierung Verantwortung übernehmen können.

DAS INTERVIEW FÜHRTE BIRGIT MARSCHALL.

(mar)
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