Fragen und Antworten Was Scheidungen im Alter noch komplizierter macht
Düsseldorf · Immer mehr Paare trennen sich in fortgeschrittenem Alter. Die vermeintliche Freiheit kann wirtschaftlich für beide Seiten schwierig werden. Vielfach wird daher über das Vermögen erbittert gestritten.
Immer häufiger lassen sich ältere Paare scheiden. Während 1991 knapp 2800 Ehen geschieden wurden, bei denen beide Ehepartner mindestens 60 Jahre alt waren, lag diese Zahlt 2017 schon bei 6580.
Trennungsjahr Rechtlich unterscheidet sich die Scheidung im Alter kaum von einer Trennung in jüngeren Jahren. Auch Senioren sind vom sogenannten Trennungsjahr nicht entbunden. Sie müssen ein Jahr lang „von Tisch und Bett“ getrennt leben. Bei einer gemeinsamen Scheidung ist die Einreichung der Unterlagen bei vielen Gerichten in NRW schon zwei Monate vor dem Ablauf des Trennungsjahrs möglich.
In der Regel einigen sich die Partner, wer auszieht. Wenn das nicht klappt, kann auch ein Gericht einem der Ehegatten Wohnung oder Haus zur alleinigen Nutzung zuweisen. Wer die gemeinsame Wohnung verlässt, braucht eine eigene Hausratversicherung.
Anwalt Sinnvoll ist, dass jeder Partner seine Rechtsposition vor der Scheidung kennt, auch wenn man sich gütlich trennen möchte. Vor allem wenn die Ehe lange gedauert hat, gibt es viele rechtliche Fragen zu klären. Allerdings kann man sich später vor Gericht mit nur einem Anwalt scheiden lassen.
Versorgungs- und Zugewinnausgleich Das Scheidungsrecht sieht vor, dass zwischen den Partnern ein fairer Ausgleich geschaffen wird. „Praktisch bekommt jeder die Hälfte von dem, das während der Ehe erwirtschaftet wurde“, sagt Jochem Schausten, Fachanwalt für Familienrecht aus Krefeld. Zentral ist dabei der sogenannte Versorgungsausgleich. Hier werden alle Ansprüche, die in der Zeit der Ehe erworben wurden, ausgeglichen. Dabei geht es um die gesetzliche Rente, Betriebsrente, Privat- oder die Riester-Rente. Diesen Versorgungsausgleich führt das Familiengericht bei einer Scheidung automatisch durch.
Zugewinnausgleich Die Ehe begründet den Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Alles, was während der Ehe erwirtschaftet wurde, wird zwischen den Ehegatten hälftig ausgeglichen. Steuerlich spielen Versorgungsausgleich und Vermögensaufteilung keine Rolle. Die Senioren müssen aber nach dem Trennungsjahr wieder jeder einzeln eine Steuererklärung machen.
Wirtschaftliche Probleme Was sich in der Theorie einfach anhört, kann sehr kompliziert sein. „Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Ehepartner während der Ehe Vermögen im Wege der Schenkung, der vorweggenommenen Erbfolge oder durch Erbschaft hinzuerworben hat“, erläutert Rechtsanwältin Sabine Lackert-Deeskow aus Mülheim. Doch schon das Eigenheim, das in der Regel beiden Partner zur Hälfte gehört, kann zum Problem werden. Der Partner, der im Haus wohnen bleiben möchte, muss den anderen auszahlen. Das wird schon schwierig, wenn das Haus etwa am Niederrhein liegt und nur 200.000 Euro wert ist. Bei vielen Ehepaaren, die jung geheiratet und früh Kinder bekommen haben, hat die Frau in der Regel kaum Rentenansprüche erworben. Hat der Ehemann dann vielleicht eine Gesamtrente von 2500 Euro, muss er von 1250 Euro den Kredit abbezahlen, denn die Rente wird beim Versorgungsausgleich hälftig geteilt. Das Abstottern wird in solchen Fällen schwierig. In der Regel wird die Bank gar kein Darlehen gewähren. Meist muss daher das Haus verkauft werden.
Auskunftsanspruch In den Versorgungsausgleich fallen nur Ansprüche, von denen das Gericht weiß. Jeder Ehepartner muss alle Versorgungsträger angeben, bei denen er Rentenanwartschaften hat. Das sollte der Partner genau kontrollieren. Zudem ist jeder Partner zur Auskunft über sein Vermögen verpflichtet. Wer hier unwahre Angaben macht, der macht sich wegen Betrugs strafbar. „Nicht immer kann das aber aufgedeckt werden. Daher ist es schon besser, wenn der andere Partner Hinweise auf weitere Konten oder beispielsweise eine Immobilie im Ausland vorlegen kann“, sagt Praktiker Schausten. Wollen beide Partner nicht mehr heiraten, kann es auch sinnvoll sein, sich einfach nur zu trennen. „So kann es im Einzelfall günstiger sein, nach dem Tod des Partners eine Witwenrente zu bekommen, statt vorher einen Versorgungsausgleich anzustreben“, erläutert Jurist Schausten.