Panama Papers Das Geschäft mit den Briefkastenfirmen

Berlin/Düsseldorf · Durch ein Datenleck bei einer Wirtschaftskanzlei in Panama erhalten Ermittler Hinweise über Finanztransaktionen mit 215.000 Auslandsadressen. Aber wozu dienen Briefkastenfirmen eigentlich?

Panama Papers: Ist eine Briefkastenfirma legal?
Foto: C. Schnettler

Ein riesiges Datenleck bei der Wirtschaftskanzlei Mossack Fonseca in Panama, die Briefkastenfirmen in vielen Staaten gründet und für ihre Kunden verwaltet, bringt nach Recherchen internationaler Medien Hunderte Politiker, Sportler und zahlreiche Banken in Erklärungsnot. 400 Journalisten hätten über elf Millionen Dokumente ausgewertet, die ihnen aus einer anonymen Quelle zugespielt worden seien, berichten unter anderem die "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR. Dabei seien Finanzgeschäfte mithilfe von 215.000 Briefkastenfirmen zutage getreten. Konteninhaber seien unter anderen zwölf frühere und amtierende Staats- und Regierungschefs, 128 weitere Politiker und mehrere Spitzensportler.

Es gibt zwei Arten dieser Firmen: Bei reinen Geldwaschanlagen wird von einer Anwaltskanzlei eine Pseudofirma gegründet, die in Steueroasen wie den Britischen Jungferninseln, Panama, den Bahamas, den Seychellen oder früher auch der Schweiz Geld anlegt. "Bei einer solchen Briefkastenfirma ist das klare Hauptziel, den eigentlichen Inhaber unkenntlich zu machen", sagt Gerd Kostrzewa, Fachanwalt für Steuerfragen bei der Düsseldorfer Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Oft dienen diese Firmen dazu, geheime Zahlungen zu verschleiern. Das zweite Ziel von Briefkastenfirmen ist das Steuersparen von Unternehmen. Sie gründen Ableger in Steueroasen, um große Teile ihrer Gewinne dorthin zu transferieren, während sie die Gewinne in Hochsteuerländern wie Deutschland oder den USA gezielt niedrig halten. "Diese Praktiken sind den Industriestaaten ein großer Dorn im Auge", sagt Fachanwalt Kostrzewa: "Darum werden immer härtere Prüfungen und Regeln eingeführt."

Es ist Bürgern und Unternehmen grundsätzlich erlaubt, sich an Firmen im Ausland zu beteiligen — auch dann, wenn diese keine echten Geschäftsaktivitäten haben. Strafbar ist nur, eine Briefkastenfirma zu nutzen, um Bestechungsgelder zu kassieren, um Geld beispielsweise aus Drogenhandel unterzubringen oder um Kapitalerträge nicht zu versteuern.

Panama Papers: Ist eine Briefkastenfirma legal?
Foto: C. Schnettler

Banken vermitteln den Kontakt zu Wirtschaftskanzleien wie Mossack Fonseca, die für die Kunden dann eine Briefkastenfirma gründen. Das kostet in der Regel nur 1000 Euro. Den Berichten zufolge kommen 28 deutsche Institute oder ihre Töchter in den "Panama Papers" vor, darunter die Deutsche Bank und die Hamburger Berenberg Bank. Die Banken betonten die Rechtmäßigkeit der Vorgänge.

Es gibt eine hohe Chance, dass die Behörden Zugriff auf große Teile des Materials erhalten. Als die Journalisten-Organisation ICIJ, die jetzt die Panama-Papiere auswertet, Informationen über Steuertricks in Luxemburg erhielt, stellte sie 2014 Teile der Informationen nach einiger Zeit ins Internet. "Seitdem rufen die uns manchmal an und fragen, ob wir den Hinweisen auch nachgehen", erzählt ein leitender Mitarbeiter des NRW-Finanzministeriums. Nun hofft die Behörde, dass ihr Teile der Panama-Akten zugehen.

In der Vergangenheit hatten die Hypo-Vereinsbank, die HSH Nordbank und die Commerzbank millionenschwere Bußgelder gezahlt. Sie sollen Kunden geholfen haben, Scheinfirmen in Überseegebieten wie Panama zu eröffnen und so Vermögen vor den Steuerbehörden zu verstecken. Die Behörden waren ihnen auf die Spur gekommen, nachdem NRW eine Steuer-CD gekauft hatte.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte eine neue Initiative an, um mehr Transparenz über illegale Finanzgeschäfte in Steueroasen zu erreichen. "Wir nehmen diesen Ball auf und werden ihn weiter voranspielen", sagte Schäubles Sprecher Martin Jäger. Man habe diese Initiative unabhängig von den "Panama Papers" im Vorfeld der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds kommende Woche ohnehin geplant.

Im Oktober 2014 hatten sich rund 40 Staaten verständigt, automatisch Kontodaten auszutauschen, um Steuerflüchtlingen besser auf die Spur zu kommen. Das Abkommen haben bisher 80 Staaten unterzeichnet, 16 weitere wollen es demnächst tun. Panama ist noch nicht dabei. Ausgetauscht werden auch Kontostände. Steuerbehörden haben so die Möglichkeit zu überprüfen, ob die Kapitalertragsteuer korrekt abgeführt wurde. Zudem haben die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) schärfere Maßnahmen gegen Steuervermeidung großer Konzerne angekündigt.

Der Chef der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, forderte eine Beweislastumkehr: "Wenn wir sehen, dass eine Firma oder Person in dubiosen Steueroasen aktiv ist, sollte die Firma oder die Person nachweisen, dass es dabei mit rechten Dingen zugeht." Genau das sei oft nicht so, denn vernünftige ökonomische und legale Gründe für ein Engagement in Panama gebe es meistens nicht. "Zwar ist der Besitz einer Briefkastenfirma nicht strafbar, aber durchaus fragwürdig", sagte auch Steuerzahlerpräsident Reiner Holznagel.

(mar/jd/qua)
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