Notenbankchef Weidmann hält Euro-Finanzminister für sinnvoll

München · Die Notenbank-Präsidenten von Deutschland und Frankreich, Jens Weidmann und Francois Villeroy de Galhau, halten eine tiefgreifende Reform der Währungsunion für nötig.

Merkels Mann für die Bundesbank
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Ein möglicher Weg könnte dabei "die Schaffung eines gemeinsamen Finanzministeriums für den Euroraum" sein, schrieben sie in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung". Die Euroländer müssten dabei bereit sein, "in erheblichem Maße Souveränität und Befugnisse auf die europäische Ebene zu übertragen".

Die Bundesbank und auch Weidmann selbst stellten nach Veröffentlichung des Beitrags indes klar, dass die Berufung eines Finanzministers für die Eurozone derzeit allenfalls eine theoretische Option sei. "Ich sehe gegenwärtig keine politischen Mehrheiten für eine solche zentrale Lösung", sagte Weidmann der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Damit reagierte der Bundesbank-Chef auf die rege Debatte, die er mit dem deutsch-französischen Zeitungsbeitrag ausgelöst hatte. In dem Text für die "Süddeutsche" hatten Weidmann und sein Kollege aus Paris gewarnt, die Währungsunion stehe angesichts der hohen Defizite und wirtschaftlichen Ungleichgewichte unter ihren Mitgliedern "ganz eindeutig an einem Scheideweg".

Eine stärkere Integration sei der naheliegende Weg, "um das Vertrauen in den Euroraum wiederherzustellen", argumentierten die Bankchefs. Die Zukunft Europas könne "nicht in einer Renationalisierung liegen".

Für denkbar hielten die beiden Notenbanker dabei die Einrichtung eines Finanzministeriums für die Eurozone "in Verbindung mit einem unabhängigen Fiskalrat" sowie die Bildung eines stärkeren politischen Gremiums, das politische Entscheidungen trifft und der parlamentarischen Kontrolle unterliegt.

"Diese neuen Institutionen könnten dafür sorgen, das Gleichgewicht zwischen Haftung und Kontrolle wiederherzustellen", schrieben die Notenbank-Chefs. "In einem solchen neuen Rahmen würde der Euroraum auf einem stärkeren institutionellen Fundament ruhen."

Sollten die Regierungen und Parlamente indes nicht zu einer so umfassenden Reform bereit sein, "dann bliebe nur noch ein gangbarer Weg übrig - ein dezentraler Ansatz auf der Grundlage von Eigenverantwortung mit strengeren Regeln", argumentierten Weidmann und Villeroy de Galhau. Bei einem solchen Weg, der auf eine "Ausweitung der Eigenverantwortung" hinausliefe, müssten zwingend die Fiskalregeln für die Euro-Staaten "gehärtet" werden.

In seinen nachträglichen Äußerungen gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen" stellte Weidmann klar, dass er letzteren Weg für realistischer hält: "Solange kein umfassender Souveränitätsverzicht beschlossen wird, ist dies der Weg, der Haftung und Kontrolle in Einklang bringt."

Das Bundesfinanzministerium hatte die Überlegungen von Weidmann und Villeroy de Galhau als "langfristiges Szenario" bezeichnet. Wichtig seien zunächst Strukturreformen in den Euro-Ländern und eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, sagte eine Ministeriumssprecherin. Zur Idee eines Euro-Finanzministers sagte sie: "Man sollte diese Debatte nicht auf einzelne Elemente verengen, die derzeit realistischerweise nicht zur Umsetzung anstehen."

Rufe nach einer Art Euro-Finanzminister sind nicht neu. Allerdings gibt es auch zwischen Berlin und Paris erhebliche Differenzen über eine tiefere Integration. Die Bereitschaft, Entscheidungskompetenz an Brüssel abzugeben, ist auch in vielen anderen Euroländern gering.

(felt/AFP)
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