Wirtschaftsregierung und Schuldenbremse Merkel und Sarkozy erhöhen den Druck

Paris (RPO). Wer in den vergangenen Wochen Führung im Euro-Raum vermisst hatte, bekam sie am Dienstag in Paris vorgeführt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy präsentierten der Welt bei ihrem Treffen im Elysée-Palast gleich ein ganzes Bündel von Maßnahmen, um der Schuldenkrise zu begegnen. Dabei war viel vom Sparen und von Regeln die Rede, die nun einmal jeder in der Euro-Zone einzuhalten habe. "Der Euro bedeutet auch Disziplin", betonte Sarkozy.

Und diese Disziplin wollen Deutschland und Frankreich nun einfordern, indem sie vorschlagen, in der Verfassung aller 17 Euro-Länder eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild zu verankern. Das Ganze soll auch noch schnell passieren, bis Mitte 2012. "Das ist ein ganz anderer Grad von Verbindlichkeit" sagte Merkel. In Deutschland ist das, was die Franzosen "goldene Regel" nennen, bereits seit 2009 in der Verfassung festgeschrieben.

Nun will auch Sarkozy in Frankreich nachziehen. Und da der Präsident, der nächstes Jahr wiedergewählt werden will, im Wahlkampf ist, konnte er sich einen Hinweis auf diejenigen nicht verkneifen, die das Projekt blockieren. Gemeint sind die oppositionellen Sozialisten, die sich in der Schuldenkrise lange nicht zu Wort gemeldet hatten und nun mit unterschiedlichen Gegenvorschlägen punkten wollen. Doch Merkel sprang ihrem Nachbarn bei: "Das ist ein ambitioniertes Vorhaben", lobte sie Sarkozys Bemühungen und erwähnte auch gleich noch die Rentenreform, die der Präsident vergangenes Jahr durchgesetzt hatte - gegen den Widerstand der Sozialisten.

Sarkozy will schon lange Wirtschaftsregierung

Der französische Präsident kam bei dem Treffen gleich zu Beginn auf seine Kosten: Die Wirtschaftsregierung für die Euro-Zone, eines seiner Lieblingsprojekte, durfte Sarkozy als erste gemeinsame Initiative verkünden. Die Führung soll EU-Ratspräsident Herman van Rompuy übernehmen, der an der Spitze der EU bisher nur wenig Charisma gezeigt hatte. Außerdem wollen sich die Staats- und Regierungschefs zweimal im Jahr treffen. Deutschland hatte sich lange gegen solche institutionalisierten Treffen gesträubt, die Frankreich befürwortet.

Doch Merkel ist damit nur scheinbar auf französische Vorstellungen eingegangen. "Wirtschaftsregierung" ist ein Begriff, den Frankreich sei Jahren vorantreibt. Allerdings ging es dem Land dabei bisher darum, den Zugriff des Staates auf die Wirtschaft zu festigen. Jetzt hingegen sollen die Regierungschefs der Euro-Staaten ihre jeweiligen Abweichler disziplinieren und deren Verschuldung im Zaum halten. Das ist ein ganz anderer Inhalt, ein deutscher Inhalt, unter einem französischen Namen.

Dem gleichen Ziel dient es, die Schuldenobergrenze in die Verfassungen der 17 Euro-Länder aufzunehmen, wie dies Deutschland bereits getan hat und Frankreich im Begriff steht, es zu tun. Die Grenze soll laut Regierungssprecher Steffen Seibert nicht starr sein, sondern zu einer Rückführung der Staatsverschuldung auf 60 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung führen, wie ursprünglich im Maastrichter Vertrag vorgesehen.

Gemeinsame Initiativen angekündigt

Daneben kündigten Merkel und Sarkozy gemeinsame Initiativen ihrer Finanzminister, etwa zur Finanztransaktionssteuer oder zur Haushaltserstellung an. Die Eurobonds, die in den vergangenen Tagen in Deutschland heiß diskutiert wurden, fegte Merkel als Mittel zur Bewältigung der Schuldenkrise vom Tisch.

Wohl auch mit Blick auf den Koalitionspartner FDP sagte sie ganz deutlich: "Ich glaube weder, dass Europa auf das letzte Mittel angewiesen ist, noch glaube ich, dass man mit dem, was ich Paukenschlag genannt habe, die Probleme löst". Sarkozy betonte, Eurobonds seien am Ende eines Integrationsprozesses vorstellbar, jedoch nicht an dessen Beginn. Der Pariser Gipfel sende die richtigen Signale aus, lobte denn auch FDP-Chef Philipp Rösler.

Dass bei dem Treffen mehr herauskommen musste, als die üblichen Lippenbekenntnisse, war schon vorher klar. Denn nach Frankreich gerät auch Deutschland in eine Abwärtsbewegung der Wirtschaft. Das deutsche Wirtschaftswachstum lag im zweiten Quartal bei 0,1 Prozent und damit nur unwesentlich über dem Nullwachstum des Nachbarlandes. Doch Merkel und Sarkozy bewerten die jüngsten Zahlen nicht so negativ: "Ich bin nicht pessimistisch, was die Wirtschaftsaussichten angeht", sagte Merkel. Wie das Wachstum weitergeht, hängt auch davon ab, wie die Märkte die deutsch-französischen Vorschläge aufnehmen.

Deutschland und Frankreich jedenfalls haben unter dem Druck der Finanzmärkte wieder die Initiative ergriffen. Aber noch ist nichts gewonnen. Sie müssen nun diese Initiative in der Euro-Zone durchkämpfen, was angesichts der Bedrohung durch steigende Zinsen leichter geworden ist. Und ob die Finanzmärkte dies als ausreichend ansehen, wird sich in den kommenden Tagen und Wochen zeigen.

(apd/afp/das)
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