Finanzhilfen für Griechenland Mehr Zeit für die Rückzahlung der Milliarden

Paris/Brüssel (RPO). Im Kampf gegen die Schuldenkrise will Griechenland Zeit gewinnen: Nach einem Vorschlag von Finanzminister Giorgos Papaconstantinou sollen die milliardenschweren Hilfskredite später und zu niedrigeren Zinskosten an Europäische Union und Internationalem Währungsfonds (IWF) zurückgezahlt werden.

Der Euro-Rettungsschirm ESM
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Foto: dpa, Boris Roessler

Eine Umschuldung hält er ebenso für unnötig wie der Chef des Euro-Rettungsfonds (EFSF), Klaus Regling. Das würde nur der Finanzbranche in die Hände spielen, sagte der Deutsche. Erstmals brachte allerdings mit dem niederländischen Notenbankchef Nout Wellink ein führender EZB-Vertreter öffentlich eine Verlängerung der Laufzeiten für griechische Schuldtitel ins Spiel.

"Es wäre besser, wenn wir die Rückzahlung der 110 Milliarden Euro verlängern, die wir von unseren Partnern bekommen haben, und die Zinsen weiter senken", sagte Papaconstantinou der französischen Tageszeitung "Liberation" vom Montag. "Auf diese Weise könnten wir unsere anderen Zahlungsverpflichtungen erfüllen." Griechenland steht mit 340 Milliarden Euro in der Kreide. Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder hatten die Rückzahlungsfrist der 2010 gewährten Finanzspritze bereits auf siebeneinhalb Jahre verdoppelt und den Zinssatz um einen Prozentpunkt gesenkt.

Regling: Umschuldung nicht nötig

Regling hält eine Umschuldung für unnötig. Die Debatte darüber spiele insbesondere der Finanzbranche in die Hände. "In den 1980er und 1990er Jahren haben die Banken für die Restrukturierung von Staatsschulden in Lateinamerika und Asien sehr hohe Honorare kassiert", sagte Regling dem "Handelsblatt". "Das würden sie in Europa gerne wiederholen." Dagegen hielten sich Verluste der Geldhäuser bei einer Umschuldung in Grenzen.

EZB-Vizepräsident Vitor Constancio sagte im Europaparlament, viele Institute hätten ein Interesse daran, die Gerüchte über eine Umschuldung Griechenlands am Leben zu halten. Das Land müsse diesen das Wasser abgraben, in dem es seine Sanierungsanstrengungen vorantreibe. EU-Währungskommissar Olli Rehn betonte, eine Umschuldung sei und werde auch in Zukunft keine Strategie der EU. Sie hätte verheerende Auswirkungen auf die Finanzstabilität des Landes und der gesamten Euro-Zone.

Der Ende Juni aus dem Amt scheidende niederländische Notenbankchef Nout Wellink zeigte sich dagegen offen für die Idee, die Laufzeiten griechischer Anleihen zu verlängern. Er sei zwar gegen jeden Schuldenschnitt, sagte das EZB-Ratsmitglied in einer Rede vor Studenten der Universität Tilburg. Aber anders als andere EZB-Vertreter, die jede Debatte über eine Umschuldung als gefährlich ablehnen, fügte Wellink hinzu, eine Verlängerung der Fristen für die Rückzahlung griechischer Anleihen könnte sinnvoll sein. Wellink konkretisierte seinen Äußerungen nicht weiter, und es blieb zunächst unklar, ob sich damit eine Änderung der EZB-Haltung andeuten könnte.

Portugal vor Kraftakt

Kritisch sieht Regling die politische Lage in Portugal, das als zweites Land nach Irland unter den EU-Rettungsschirm schlüpft und bis zu den Wahlen von einer geschäftsführenden Regierung gelenkt wird. "Es gibt durchaus Grund, nervös zu sein", sagte Regling. "Selbst eine voll funktionsfähige Regierung mit einer starken parlamentarischen Mehrheit im Rücken hätte Probleme damit, einem derart drastischen Reformprogramm zuzustimmen." Dieses ist Voraussetzung für milliardenschwere Hilfszahlungen. Portugal muss am 15. Juni eine große Summe an seine Gläubiger zurückzahlen. "Dafür benötigt das Land Hilfe", sagte Regling. Er hoffe, dass die EU-Finanzminister den dafür nötigen Beschluss am 16. Mai fassen. Seine Behörde brauche weitere zwei Wochen, um das für die Portugal-Hilfe benötigte Kapital am Finanzmarkt aufzutreiben.

Die Finanzmärkte verfolgen mit Argusaugen den Weg, den das hoch verschuldete Portugal eingeschlagen hat. Experten bezweifeln zudem, ob Griechenland mit einem weiteren Aufschub und niedrigeren Zinsen ein Befreiungsschlag gelingen wird. "Das könnte eine notwendige Voraussetzung dafür sein, dass Griechenland seine Haushaltsziele erreicht", sagte UniCredit-Analyst Kornelius Purps. "Aber das würde nicht genügen." An den Märkten wird weiter auf eine Umschuldung spekuliert, bei der private Gläubiger auf einem Teil ihrer Forderungen sitzenbleiben würden. Für griechische Staatsanleihen werden deshalb sehr hohe Zinsen verlangt. Experten befürchten, dass Griechenland bei einem Schuldenschnitt über Jahre hinaus kein Geld mehr an den Finanzmärkten auftreiben kann.

(RTR/felt)
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