Kommentar zum Zinstief Finger weg von Zinsverboten!

Meinung | Köln · Finanzminister Scholz und CSU-Chef Söder wollen Sparer qua Gesetz vor den negativen Folgen des Zinstiefs bewahren. Das ist nichts als Heuchelei.

 Finanzminister Olaf Scholz. (SPD)

Finanzminister Olaf Scholz. (SPD)

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Es ist ein Irrglaube, der deutsche Sparer würde heute bei seinem Vermögen noch nicht draufzahlen. Ein Großteil bunkert sein Geld immer noch auf Sparbüchern oder in ähnlichen Geldanlagen, wo es fast keinen Ertrag abwirft. Wer so sein Geld anlegt und beispielsweise gleichzeitig 50 Euro pro Jahr für sein Girokonto zahlt, muss unter Umständen 100.000 Euro Sparguthaben angesammelt haben, um wenigstens kostenneutral abzuschneiden.

Wenn Finanzminister Olaf Scholz und CSU-Chef Markus Söder die Sparer also jetzt qua Gesetz vor den negativen Folgen des Zinstiefs bewahren wollen, ist das Heuchelei. Erstens wissen die Groß-Koalitionäre genau, dass die Banken in einem solchen Fall noch weiter an der Gebührenschraube drehen würden, als sie es ohnehin schon getan haben; die Entlastung des Kunden würde also gar nicht funktionieren. Zweitens bleibt es höchst zweifelhaft, ob Banken zumindest ihre Bestandskunden auch ohne gesetzliches Verbot überhaupt mit Strafzinsen belegen könnten, weil das die Vertragsbedingungen womöglich gar nicht vorsehen. Und drittens verschweigt der Staat, dass er seit Jahren selbst von den Niedrigzinsen profitiert. Er zahlt kaum Zinsen auf seine Schulden, was das Erreichen der schwarzen Null erleichtert hat, während Banken das Geschäft zunehmend schwerer gemacht wird.

Also: Lieber Herr Finanzminister, nutzen Sie doch bitte das gesparte Geld, um Altersvorsorge stärker zu fördern! Streichen Sie den Soli komplett! Bringen Sie ihre Kollegen in den Ländern dazu, die Grunderwerbsteuer zu senken! Aber lassen Sie Gedankenspiele um Zinsverbote! Auch dieser Vorstoß ist vor allem ein durchschaubarer Versuch, Wähler zu gewinnen. Dass sich die scheinbar volksnahen Vorschläge – erst Soli, jetzt Negativzinsen – kurz vor den Landtagswahlen in Ostdeutschland häufen, ist sicherlich kein Zufall.

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