DGB-Rentenreport: "Soziale Katastrophe" Jedem dritten Versicherten droht Altersarmut

Düsseldorf · Im Alter arm zu sein - davor haben viele Menschen Angst. Für jeden dritten Rentenversicherten in NRW ist dieses Szenario eine reale Bedrohung. Das besagt ein aktueller Gewerkschaftsbericht.

 Laut dem DGB-Rentenreport droht besonders Frauen in Mini- und Niedriglohnjobs Altersarmut.

Laut dem DGB-Rentenreport droht besonders Frauen in Mini- und Niedriglohnjobs Altersarmut.

Foto: dapd, Sebastian Willnow

Jeder dritte Rentenversicherte in Nordrhein-Westfalen ist nach einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) akut von Altersarmut bedroht. Ursache dafür sei unter anderem eine wachsende Zahl instabiler und schlecht bezahlter Beschäftigungsverhältnisse, sagte DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber am Montag in Düsseldorf. Wie die Gewerkschaft in ihrem ersten Rentenreport berichtete, hat inzwischen jeder vierte Arbeitnehmer in NRW keinen unbefristeten Vollzeitjob mehr. Etwa jeder Fünfte verdiene in Niedriglohnjobs weniger als neun Euro pro Stunde.

Schlittern in eine "soziale Katastrope"

Hinzu komme eine wachsende Zahl von Arbeitnehmern, die wegen psychischer Erkrankungen vorzeitig aufhörten zu arbeiten und nur wenig Rente erhielten - dies sei fast schon bei jeder zweiten Erwerbsminderungsrente die Ursache. "Die Ergebnisse des Rentenreports zeigen, dass wir in NRW in eine soziale Katastrophe schlittern, wenn nicht schnell und beherzt gehandelt wird", warnte die Vizevorsitzende des DGB NRW, Sabine Graf.

Von 1996 bis 2011 sei die durchschnittliche Altersrente bei Männern von 1050 auf nur noch 975 Euro gefallen. Bei den Frauen sei zwar ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Mit einer Durchschnittsrente von gerade einmal 491 Euro liegen sie aber noch deutlich unter der durchschnittlichen staatlichen Grundsicherung in Höhe von 676 Euro.

In NRW erhalten 54 Prozent aller Rentenempfänger eine normale Altersrente, 30 Prozent beziehen eine Rente in Folge eines Todesfalls - etwa Witwen und Waisen - und 16 Prozent eine Erwerbsminderungsrente.

Besonders Frauen in Minijobs sind betroffen

Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt in NRW mit 60,4 Jahren deutlich unter der gesetzlichen Grenze. Nur knapp jeder vierte 60- bis 65-Jährige geht noch arbeiten. Vor allem in den Bau-, Reinigungs- und Gesundheitsberufen liegt das Renteneintrittsalter deutlich unter 60 Jahren.

Die sinkende Zahl junger Erwerbstätiger gegenüber der wachsenden Zahl von Rentnern verschärfe das Problem in Zukunft ebenso wie die Schwierigkeit, lange genug ausreichend hohe Beiträge in die Rentenkasse einzuzahlen, warnten die Gewerkschafter. Altersarmut betreffe vor allem Frauen in Mini- und Niedriglohnjobs. "Eine Minijobberin mit einem Verdienst von 400 Euro müsste 165 Jahre und 10 Monate arbeiten für eine monatliche Rente von 517 Euro."

Um die Altersarmut in den Griff zu bekommen, müssten Minijobs reformiert und ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro pro Stunde eingeführt werden, forderte Meyer-Lauber. Prekäre Arbeitsverhältnisse müssten konsequent zurückgedrängt werden. "Es darf nicht sein, dass die staatliche Grundsicherung - gedacht für Notfälle - 2030 für ein Drittel der Rentner zur Regel wird."

Antistress-Verordnung

Der Gewerkschafter forderte darüber hinaus, eine Antistress-Verordnung in den Arbeitsschutz einzuführen, mit der Betriebsräte konkret arbeiten könnten. Die bisherigen Formulierungen seien vage. Dabei gehe es unter anderem um die ständige Erreichbarkeit von Arbeitnehmern, unterlaufene Pausen und den Umgang mit neuen Medien.

Meyer-Lauber bekräftigte zudem die Forderung des DGB, den Rentenbeitragssatz schrittweise von derzeit 19,6 auf 22 Prozent aufzustocken, um das Rentensystem zukunftsfest zu machen. Die Bundesregierung diskutiert dagegen eine Absenkung auf 19 Prozent.

(lnw)
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