Kneipensterben in Deutschland seit 2001 Jede vierte Kneipe musste schließen

Berlin · Gaststätten- und Kneipenbesuche scheinen ein nicht mehr zeitgemäßes Modell für Freizeitbeschäftigung zu sein: Seit 2001 musste in Deutschland jede vierte Gaststätte schließen. Dabei fallen regionale Unterschiede auf.

So gefährlich ist die Arbeit in der Gastronomie
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Foto: ddp

Wie die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes und eigene Berechnungen berichtete, sank die Zahl der Schankwirtschaften bundesweit zwischen 2001 und 2010 von knapp 48.000 auf 36.000.

Besonders stark betroffen waren nach der Statistik die Länder Hamburg mit einem Minus von 48 Prozent und Niedersachsen mit einem Rückgang von 41 Prozent. Lediglich in Baden-Württemberg und Berlin stieg die Zahl der Kneipen - in der Hauptstadt allerdings um fast 96 Prozent.

Wie der Branchen-Bundesverband Dehoga auf seiner Internetseite schreibt, sehen sich die traditionellen Gaststätten und Wirtshäuser einer immer größeren Konkurrenz aus dem Einzelhandel, dem Lebensmittelhandwerk und von den Tankstellen gegenüber. Gleichzeitig wachse die Bedeutung der Systemgastronomie, also von Ketten.

"Mit dem Wirtshaus verschwindet eine Einrichtung mit hohem sozialen und kulturellen Stellenwert aus den Gemeinden", warnte Florian Kohnle von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. In rund 500 von 2200 bayerischen Gemeinden gebe es mittlerweile überhaupt keine Gaststätte mehr. Als Ursachen sah Kohnle den Bevölkerungsrückgang auf dem Land, den Zuwachs an Mobilität, Veränderungen von Arbeitswelt und Freizeitverhalten und die Konkurrenz durch Vereinsheime.

Vereinsheime nutzen Steuerlücke

Die Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbands, Ingrid Hartges, beklagte eine Verzerrung des Wettbewerbs durch die Vereinsheime. In vielen Vereinsheimen herrsche inzwischen ein beinahe professioneller Barbetrieb - unversteuert und ohne behördliche Auflagen. "Wo es einen laufenden gastronomischen Betrieb in festen Räumlichkeiten gibt, sollen die Vereine bitte auch eine Konzession beantragen", forderte Hartges in der "Welt am Sonntag".

Die zuletzt arg gebeutelten Wirte und Hoteliers in Deutschland hatten allerdings 2011 ihr Geschäft stark ausbauen können. Die Branchenumsätze stiegen im Vergleich zum Vorjahr nominal um 3,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt im Februar mitgeteilt hatte. Seit dem Einbruch im Krisenjahr 2009 legte das Gastgewerbe damit nominal zum zweiten Mal in Folge zu. Der Gesamtumsatz lag bei knapp 60 Milliarden Euro.

Auch in Kneipen und Restaurants wurde mehr Geld umgesetzt als im Vorjahr - das hatte es nominal zuletzt 2001 gegeben, dem Jahr vor der Einführung des Euro-Bargelds. Im Folgejahr gingen die Umsätze dann kräftig in den Keller: Die Gäste blieben aus, weil sie den Wirten bei der Umrechnung in Euro verdeckte Preiserhöhungen vorwarfen. Seitdem ging es stetig bergab.

(AFP/dpa)
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