Fragen und Antworten dazu Immer mehr Rentner in NRW zahlen Steuern

Düsseldorf · Einkommensteuer wurde in NRW zuletzt für 1,33 Millionen Rentner fällig. Die Zahl der Betroffenen steigt. Der Fiskus kann rückwirkend für bis zu 13 Jahre Steuern verlangen. Doch auch Rentner können ihre Steuerlast senken.

 Rentner auf einer Parkbank (Symbolbild).

Rentner auf einer Parkbank (Symbolbild).

Foto: dpa/Sergii Korshun / shutterstock.com

Früher mussten Bezieher einer gesetzlichen Rente meist keine Einkommensteuer zahlen. Doch nachdem ein steuerpflichtiger Pensionär wegen Ungleichbehandlung geklagt und vor dem Bundesverfassungsgericht 2002 Recht bekommen hatte, wird das System seit 2005 schrittweise auf die nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Damit wachsen immer mehr Senioren in die Besteuerung hinein. In Nordrhein-Westfalen zahlten im Jahr 2014 erst 1,2 Millionen Rentner Einkommensteuer, 2016 waren es schon 1,33 Millionen, wie die Oberfinanzdirektion (OFD) auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte. „Vermutlich wird die Zahl der Rentner, die sich mit Renteneinkünften in Nordrhein-Westfalen erklären, weiter steigen, was unter anderem mit dem demografischen Wandel der Gesellschaft zusammenhängt“, sagte die OFD-Sprecherin.

Wer muss zahlen? Wer neben der gesetzlichen Rente eine Betriebsrente, Miet- oder Kapitaleinkünfte hat, muss grundsätzlich eine Steuererklärung machen und meist zahlen. Wer dagegen nur eine gesetzliche Rente bezieht, muss auf das Jahr der Pensionierung achten, denn die nachgelagerte Besteuerung wird Schritt für Schritt eingeführt. Wer 2005 oder früher Rentner wurde, muss 50 Prozent der Bezüge versteuern. Wer in diesem Jahr in den Ruhestand geht, muss 76 Prozent versteuern. Steuerpflichtig sind Rentner aber nur, wenn sie damit über dem jährlichen Grundfreibetrag liegen. Für 2018 liegt dieser bei 9000 Euro, bei einem gemeinsam veranlagten Ehepaar bei 18.000 Euro.


Ab welcher Rente fällt die Steuer an? Für jeden Jahrgang schreibt der Fiskus einen steuerfreien Betrag fest, den der Rentner sein Leben lang mitnimmt. Wer 2005 in den Ruhestand gegangen ist, muss demnach keine Einkommensteuern zahlen, wenn seine Jahresbruttorente 2018 nicht höher ist als 17.538 Euro (und er darüber hinaus keine weiteren Einkünfte hat). Wer in diesem Jahr aus dem Job ausscheidet, bleibt unbehelligt, solange er nicht mehr als 13.817 Euro Jahresbruttorente hat (siehe Grafik). Bei gemeinsam veranlagten Ehepartnern ist die Summe doppelt so hoch. Für jeden neu hinzukommenden Jahrgang fällt der steuerfreie Teil der Rente geringer aus. Die Umstellung läuft noch bis 2040. Die Renten der Jahrgänge, die dann in Ruhestand gehen, unterliegen in voller Höhe der Besteuerung.


Kann man steuerpflichtig werden, wenn man es bisher nicht war? Ja. Manchmal reichen für Senioren mit guter Rente schon kleine Erhöhungen aus, um plötzlich steuerpflichtig zu werden. Das gilt besonders, wenn die Rentenanpassung so kräftig ausfällt wie in diesem Jahr. Zum 1. Juli 2018 wurden die Renten in den alten Bundesländern um 3,22 Prozent angehoben. Gleiches gilt auch, wenn eine Frau Witwe wird und neben ihrer eigenen eine Witwenrente erhält. Sie kann dann steuerpflichtig werden, obwohl das Paar es zu Lebzeiten des Mannes nicht war. Doch das Paar hatte eben zwei Freibeträge, die Witwe hat nur einen. Auch eine Erhöhung der Mütterrente, wie sie die große Koalition plant, kann für Rentner, die an der Grenze zur Steuerpflicht sind, das Fass zum Überlaufen bringen.


Was kann man absetzen? Die gute Nachricht: Wie jeder Bürger kann auch der Rentner den Werbekosten- und Sonderausgaben-Pauschbetrag, Spenden und Mitgliedsbeiträge (etwa für Parteien oder Gewerkschaften) geltend machen. Wer eine Putzfrau beschäftigt, kann die Kosten als haushaltsnahe Dienstleistung angeben. Bei Handwerker-Rechnungen kann man 20 Prozent des Arbeitslohns absetzen, maximal 1200 Euro. Haben Senioren hohe Gesundheitsausgaben, können sie diese als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Infrage kommen etwa die Selbstbeteiligung beim Zahnarzt. Auch Kosten für Arzneien und Krankengymnastik, die die Krankenkassen nicht übernehmen, können als Sonderbelastung abgesetzt werden. Wichtig: Diese müssen vom Arzt verordnet sein.


Was tun, wenn man unsicher ist? Im Zweifel sollte man eine Erklärung abgeben, rät der Bund der Steuerzahler. Ohnehin teilen die Rentenkassen dem Fiskus jedes Jahr per Bezugsmitteilung die Höhe der Rente mit. Bei Rentnern, die bereits eine Steuererklärung abgegeben haben, prüft das Finanzamt dann die Richtigkeit. Bei Rentnern ohne Erklärung schaut der Fiskus, ob voraussichtlich Steuern zu zahlen sind, und fordert den Rentner auf, eine Erklärung einzureichen. Wer sich zu spät meldet, für den kann es teuer werden. Denn die Ämter können noch für lange Zeit rückwirkend Einkommensteuer verlangen. „Maximal kann eine Steuerfestsetzung rückwirkend für 13 Jahre erfolgen, aktuell also bis zum Veranlagungszeitraum 2005“, so die OFD-Sprecherin. Der Zeitraum hänge auch davon ab, „ob bei der Nichterklärung der Renteneinkünfte vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt wurde“.

Was gehört zur Steuererklärung? Der Rentner muss mindestens den Mantelbogen (mit Angaben zur Person, zu Sonderausgaben und zu außergewöhnlichen Belastungen) und die „Anlage R“ ausfüllen. In die „Anlage R“ trägt man die Mütterrente übrigens nicht gesondert ein, sondern nur die komplette gesetzliche Rente. In der „Anlage Vorsorgeaufwand“ kann man Kranken-, Pflege- und andere Versicherungsbeiträge angeben. Wer die Steuererklärung ohne Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein machen will, kann das Programm der Finanzverwaltung („Elsterformular“) nutzen. Das Programm kann hier kostenfrei heruntergeladen werden.

(anh)
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